1. Regelfall – Testamentsvollstreckung den gesamten Nachlass umfassend gem. Abs. 1 S. 1
Rz. 8
Bei Abs. 1 S. 1 handelt es sich um den Regelfall, dass der Nachlassgläubiger den Testamentsvollstrecker allein oder nur den Erben oder aber beide gleichzeitig auf Leistung oder Feststellung verklagen kann. Alternativ hat er die Möglichkeit, auch gegen den Erben auf Leistung und gegen den Testamentsvollstrecker auf Duldung der Zwangsvollstreckung zu klagen, und zwar sowohl gemeinsam als auch getrennt, da er zur Zwangsvollstreckung in den Nachlass ohnehin einen Titel gegen den Testamentsvollstrecker gem. § 748 Abs. 1 ZPO benötigt. Für die Zwangsvollstreckung in das Eigenvermögen des Erben benötigt er einen Titel gegen diesen.
2. Passivprozess bei gegenständlich beschränkter Testamentsvollstreckung gem. § 2208 Abs. 1 S. 2 BGB
Rz. 9
In derartigen Fällen kann der Nachlassgläubiger nur gegen den Erben Leistungsklage erheben. Eine Klage gegen den Testamentsvollstrecker ist nicht möglich. Zulässig ist lediglich die Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung. Eine solche Klage ist aber auch erforderlich, wenn der Gläubiger in den dem Verwaltungsrecht des Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlass nach § 748 Abs. 2 ZPO vollstrecken will. Anderenfalls kann nur in das Eigenvermögen der Erben oder aber in den nicht der Testamentsvollstreckung unterworfenen Nachlass vollstreckt werden. Bedeutsam ist aufgrund dieser Zwei-Titel-Theorie, dass keine Rechtskrafterstreckung zwischen dem Erbentitel und Duldungstitel gegen den Testamentsvollstrecker besteht. Das Leistungsurteil wirkt also nicht gegen den Testamentsvollstrecker, weil dies in § 327 ZPO ausdrücklich nicht vorgesehen ist. Der Duldungstitel wirkt nicht gegen den Testamentsvollstrecker auf den Leistungsstreit gegen den Erben, weil der Testamentsvollstrecker wegen der eingeschränkten Verwaltungsbefugnis nach h.M. nicht zur Führung des Rechtsstreits i.S.v. § 327 Abs. 2 ZPO befugt ist. Eine Klage im Wege der subjektiven Klagehäufung (Streitgenossenschaft) zwischen Testamentsvollstrecker und Erben ist möglich. Wird unzulässigerweise eine Leistungsklage gegen den Testamentsvollstrecker eingereicht, obwohl dieser auf Duldung der Zwangsvollstreckung hätte verklagt werden müssen, erfolgt regelmäßig von den Gerichten eine Umdeutung in eine zulässige Duldungsklage, und zwar auch noch in der Revisionsinstanz. Soweit dem Testamentsvollstrecker nicht die Verwaltung des gesamten Nachlasses zusteht, ist eine Klage gegen ihn auf Zustimmung zur Übertragung eines der Erbengemeinschaft zustehenden Guthabens auf ein Treuhandkonto abzuweisen, da eine Geltendmachung des Anspruchs gem. Abs. 1 S. 2 nur gegen die Erben zulässig ist.
3. Passivprozess bei fehlendem Verwaltungsrecht des Testamentsvollstreckers
Rz. 10
Hat der Testamentsvollstrecker kein Verwaltungsrecht, ist die Klage nur gegen den Nachlass zu richten. Ein Duldungstitel gegen den Testamentsvollstrecker ist für die Zwangsvollstreckung auch nicht erforderlich. Umgekehrt ist auch nur der Erbe zur Führung von Rechtsstreitigkeiten berechtigt, die sich auf Ansprüche gegen den Nachlass beziehen. Ein fehlendes Verwaltungsrecht des Testamentsvollstreckers ist insbesondere in den Fällen der sog. beaufsichtigenden Testamentsvollstreckung gegeben. Mit dem Titel kann in das Eigenvermögen der Erben, aber auch in den Nachlass vollstreckt werden, sofern sich die Erben nicht auf eine beschränkte Haftung berufen.
4. Besonderheit: Pflichtteilsansprüche und Testamentsvollstreckung
Rz. 11
Nach Abs. 1 S. 3 können Pflichtteilsansprüche nur gegen die Erben geltend gemacht werden. Dies gilt auch dann, wenn dem Testamentsvollstrecker die Verwaltung des ganzen Nachlasses zusteht. In diesen Bereich gehören sämtliche Klagen hinsichtlich einer etwaigen Pflichtteilszahlung z.B.:
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Klage auf Auskunft hinsichtlich des Nachlasses gem. § 2314 BGB; |
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Klage auf Wertermittlung gem. § 2314 BGB; |
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Klage auf Zahlung des Pflichtteilsanspruchs; |
Ob die Erfüllung von Pflichtteilsvermächtnissen unter diese Norm fällt, ist streitig, aber abzulehnen.
Rz. 12
Der gegen den Erben wegen des Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruchs zu führende Rechtsstreit ist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen gegen den Insolvenzverwalter zu richten. Ein infolge der Öffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochener Prozess gegen den Erben ist gegen den Insolvenzverwalter aufzunehmen. Die Verurteilung des Insolvenzverwalters zur Zahlung wegen eines Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruchs gegen den Schuldner ist auf den vom Testamentsvollstrecker verwalteten Nachlass zu beschränken. Bei Testamentsvollstreckung kann der Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den Schuldner in voller Höhe zur Tabelle angemeldet und durch Urteil festgestellt werden. Im Falle der Nachlassinsolvenz kann der Testamentsvollstr...