I. Anspruchsinhaber (Abs. 1)
Rz. 2
Der Testamentsvollstrecker haftet zunächst gegenüber dem Erben und dem Vorerben. Der Nacherbe wird erst mit Eintritt des Nacherbfalls zum Erben und ist somit noch nicht Haftungsgläubiger aus § 2219 BGB (dieser kann also nur gegenüber dem Vorerben seine Auskunftsrechte nach § 2227 BGB geltend machen; ebenso ist der Schlusserbe in einem gemeinsamen Testament noch nicht Erbe i.S.v. § 2219 BGB). Bei mehreren Erben sind diese Gesamtgläubiger des Haftungsanspruchs. Wurde allerdings nur ein Erbe geschädigt, so steht ihm auch nur das alleinige Recht zur Geltendmachung des Haftungsanspruchs zu. Neben den Erben haftet der Testamentsvollstrecker auch dem Vermächtnisnehmer, soweit er ein Vermächtnis zu vollziehen hat (dies gilt auch für Unter- und Nachvermächtnisse). Der Vermächtnisnehmer hat in diesem Fall keinen zusätzlichen Ersatzanspruch gegen den Erben. Gegenüber allen anderen übrigen Nachlassbeteiligten, wie z.B. den Pflichtteilsberechtigten oder Auflagenbegünstigten, besteht keine Haftung nach § 2219 BGB. Sofern dem Auflagenbegünstigten aber ein Vermögensvorteil, wie bspw. im Rahmen einer Wertauflage, zugewendet wird, ist ihm ein Haftungsanspruch zuzubilligen, da er dann der Rechtsstellung eines Vermächtnisnehmers quasi gleichkommt. Eine eigene Haftung des Erben ist ggf. über § 278 BGB möglich, wenn der Testamentsvollstrecker eine Pflicht schuldhaft verletzt hat. In einem derartigen Fall hat aber der Erbe Anspruch auf Haftungsbefreiung gegenüber dem Testamentsvollstrecker.
II. Haftungsdauer und -schuldner
Rz. 3
Für die Dauer der Haftung gibt es keine zeitliche Begrenzung. Dabei gilt aber folgende Differenzierung:
Status |
Haftungsnorm |
Tätigkeit vor Annahme der Testamentsvollstreckung |
§ 2219 BGB analog |
Tätigkeit nach Beendigung der Testamentsvollstreckung |
Handlungen sind unwirksam. Bei unaufschiebbaren Handlungen aber § 2219 BGB analog |
Nach Tod des Testamentsvollstreckers |
§§ 2218 Abs. 1, 673 S. 2 BGB ->§ 2219 BGB analog |
Vermeintlicher Testamentsvollstrecker |
§ 2219 BGB analog |
Rz. 4
Eine Befreiung von der Haftung durch den Erblasser im Rahmen einer letztwilligen Verfügung ist nicht möglich. Der Erbe hat lediglich die Möglichkeit, einen bereits entstandenen Schadensersatzanspruch zu erlassen oder aber durch einen Verzichtsvertrag für die Zukunft die Haftung des Testamentsvollstreckers auszuschließen, wobei ein Ausschluss für vorsätzliche Pflichtverletzungen nicht möglich ist.
III. Einzelne Haftungsvoraussetzungen
Rz. 5
Die Haftung des Testamentsvollstreckers hat mehrere Voraussetzungen:
▪ |
objektive Verletzung der ihm obliegenden Verpflichtung; |
▪ |
subjektives Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit); |
▪ |
haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität. |
Rz. 6
Die vom Testamentsvollstrecker zu beachtenden Pflichten ergeben sich sowohl aus dem Willen des Erblassers als auch aus dem Gesetz gem. § 2216 Abs. 1 BGB (ordnungsmäßige Verwaltung). Die Beweislast für eine nicht in einer Verfügung von Todes wegen niedergelegte Willensäußerung trägt der Testamentsvollstrecker. Etwaige Weisungen der Erben spielen keine Rolle. Ob tatsächlich eine Pflichtverletzung vorliegt, hängt wiederum von den Aufgaben des Testamentsvollstreckers ab, die ihm vom Erblasser zugedacht wurden. Haben sich die Umstände nach dem Erbfall geändert, ist auf den mutmaßlichen Willen des Erblassers abzustellen, hilfsweise auf die allg. Lebenserfahrung. Insgesamt ist der Testamentsvollstrecker zu besonderer Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt verpflichtet. Berücksichtigt eine Testamentsvollstreckerin bei der von ihr vorgenommenen Verteilung fast der gesamten vorhandenen und durch Verkauf der Nachlassimmobilien generierten Barmittel die im Testament gemachten Vorgaben zur Anrechnung der bereits erfolgten Zahlungen an die Miterbinnen nicht, obwohl sich die Vorgabe der Erblasserin, die Zahlungen als Vorempfang auf den Erbteil anzurechnen, klar aus den testamentarischen Bestimmungen ergibt, so stellt dies eine zumindest fahrlässige Pflichtverletzung dar.
Rz. 7
Eine objektive Pflichtverletzung kann in folgenden Fällen vorliegen:
▪ |
Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft ohne Beachtung der §§ 2042 ff. BGB; |
▪ |
keine ordnungsmäßige Verwaltung des Nachlasses; |
▪ |
Nichtbeachtung der Verkehrssicherungspflicht bei Grundstücken; |
▪ |
fehlende Tätigkeit des Testamentsvollstreckers; |
▪ |
Fehler bei der Geldanlage; |
▪ |
fehlerhafte Erstellung der Erbschaftsteuererklärung; |
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Unterlassen der Erbauseinandersetzung ohne Grund; |
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verspätete Klageerhebung und damit bedingter Verjährungseintritt; |
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Erfüllung unwirksam angeordneter Vermächtnisse; |
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öffentliche Versteigerung statt günstigerem freihändigen Verkauf; |
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Unterlassen von gerechtfertigten Mieterhöhungen; |
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Unterlassen von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen; |
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Bewilligung einer Vormerkungslöschung, ohne dass die gesicherte Leistung erbracht wurde; |
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Einreichen haltloser Klagen; |
▪ |
erkennbar überflü... |