Dr. iur. Sebastian Trappe, Dr. iur. Pierre Plottek
a) Mündlichkeitsprinzip
Rz. 10
Durch diese persönliche Kundgabe muss dem Notar der letzte Wille des Erblassers auch verständlich werden, d.h. er muss die benutzten Worte inhaltlich verstehen. Dies bedeutete nach der alten – bis zum 31.7.2002 geltenden – Gesetzesfassung eine mündliche Erklärung des letzten Willens, so dass es für diese Testamentsform unerlässlich war, dass der Erblasser sprechen kann und sich durch Sprache verständlich machen konnte. Dies setzte zwar keine zusammenhängende Rede des Erblassers voraus, vielmehr war auch eine Erklärung in Form von Frage und Antwort oder einzelner Erklärungspunkte möglich. Ausgeschlossen blieb damit aber die Errichtung eines Testaments durch Erklärung gegenüber dem Notar in Gebärdensprache, da von einer mündlichen Erklärung auch bei weiter Auslegung dann nicht mehr gesprochen werden konnte, wenn der Gebrauch der Sprache ganz unterbleibt.
Rz. 11
Mit diesem strengen Festhalten am Mündlichkeitsprinzip einher ging zwingend der Ausschluss von schreib- und sprechunfähigen Mehrfachbehinderten von der Möglichkeit, Testamente wirksam zu errichten. In dem so begründeten generellen Ausschluss dieses Personenkreises von der Testierfähigkeit sah das BVerfG jedoch einen Verstoß gegen die Erbrechtsgarantie von Art. 14 Abs. 1 GG sowie den allg. Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und ebenso gegen das spezielle Benachteiligungsverbot für Behinderte in Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG.
Rz. 12
Nachdem zunächst in einer sog. "kleinen Lösung" nur vorgesehen werden sollte, ausschließlich für diese Mehrfachbehinderten in einem neuen § 2233 Abs. 4 BGB eine Testiermöglichkeit zu schaffen, ansonsten aber am Mündlichkeitsprinzip festzuhalten, entschied man sich dann jedoch für die "große Lösung" unter völliger Preisgabe des Mündlichkeitsprinzips beim öffentlichen Testament für alle Testierenden. Nunmehr genügt es zur Errichtung eines öffentlichen Testaments, dass der Erblasser dem Notar seinen letzten Willen erklärt; eine "phonetisch-stimmliche Artikulation" ist nicht mehr erforderlich. Die Erklärung des letzten Willens kann nunmehr auch mittels Gebärdensprache oder anderer Zeichen (Gestik, Mimik) zum Ausdruck gebracht werden.
Rz. 13
Ob dies auch eine "konkludente Erklärung" einschließt, erscheint jedoch fraglich, da von einer Erklärung des letzten Willens wohl nicht mehr zu sprechen ist, wenn weder phonetische noch gestikale Zeichen benutzt werden, zumal im Erbrecht ein höheres Bedürfnis nach Rechtssicherheit in Bezug auf Echtheit und Authentizität einer Willenserklärung besteht als bei Rechtsgeschäften unter Lebenden, gerade weil eine vergewissernde oder Zweifel beseitigende Nachfrage hier regelmäßig ausfällt.
Rz. 14
Auch ein Stufenverhältnis, wonach ein der Sprache fähiger Erblasser primär im Wege der mündlichen Erklärung und nicht mittels reiner Gebärden testieren soll, lässt sich der Neufassung nicht nur nicht entnehmen, sondern wurde mit der Wahl der großen Lösung vielmehr bewusst verworfen.
Rz. 15
Ob die strengen Mündlichkeitsregelungen jedoch dann beachtlich bleiben, wenn der Erbfall vor dem 1.8.2002 eingetreten ist, ist umstritten und wird bei den Erörterungen zu § 2233 BGB näher dargestellt (vgl. § 2233 Rdn 8 ff.).
b) Fremdsprachen
Rz. 16
Der Erblasser selbst kann sich zu seiner Erklärung jeder Sprache bedienen, während Urkunde des Notars gem. §§ 5 Abs. 1, 16, 32 BeurkG grundsätzlich in deutscher Sprache errichtet werden muss. Auch die Verhandlung selbst kann in jeder beliebigen Sprache geführt werden.
Rz. 17
Die Abfassung der Urkunde in einer fremden Sprache ist stets nur auf Verlangen des Erblassers zulässig; bei mehreren Beteiligten bedarf es des übereinstimmenden Verlangens aller Beteiligten. Zusätzlich muss der Notar nach § 5 ...