Dr. iur. Sebastian Trappe, Dr. iur. Pierre Plottek
Rz. 23
Nach Aufnahme des vom Erblasser erklärten Textes durch den Notar muss dieser den Text der letztwilligen Verfügung laut vorlesen und vom Erblasser in dieser vorgelesenen Form genehmigen lassen. Längere Texte werden zweckmäßigerweise abschnittsweise vorgelesen und zur Genehmigung gestellt. Dies ist insbesondere dann dringend anzuraten, wenn ein Testament mehrere letztwillige Verfügungen enthält. Vorsichtshalber empfiehlt sich sodann nochmals eine Gesamtvorlesung, auch wenn diese zur Wirksamkeit des Testaments nicht mehr erforderlich ist.
Rz. 24
Üblicherweise werden die Vorlesung des Textes und dessen anschließende Genehmigung in einem Verhandlungsgang zusammengefasst. Die Durchführung des Beurkundungsverfahrens im Einzelnen steht insoweit allerdings im Ermessen des Notars.
a) Vorlesen
Rz. 25
Dieses Vorlesen des geschriebenen Textes kann nicht durch lautes Diktat des Notars während der Aufnahme des Textes ersetzt werden; es ist vielmehr die bereits geschriebene, also zu Papier gebrachte Textversion vorzulesen.
Rz. 26
Dementsprechend gilt auch ein bloßes Durchlesen des Textes durch den Erblasser nicht, kann jedoch auf dessen Wunsch der Vorlesung vorangehen oder nachgeschaltet werden. Dies erscheint insbesondere bei unzureichender Hörfähigkeit des Erblassers angezeigt. Das OLG Hamm hält in diesem Fall die Vorlage der Niederschrift zur Durchsicht neben deren Vorlesung sogar als existenziell für die Wirksamkeit des Testaments.
b) Genehmigung
Rz. 27
Die mündliche Erklärung nach der Vorlesung des vom Notar aufgenommenen Textes, mit der der Erblasser diese Textform genehmigt, umfasst und deckt zugleich die Form und den Inhalt der gesamten Verhandlung. Der Gebrauch bestimmter Worte ist nicht vorgeschrieben. Es genügt, wenn der Erblasser auf die an ihn gerichtete Frage, ob er mit dem verlesenen Text so einverstanden sei, mit einem deutlichen "Ja" antwortet. Jedenfalls muss sprachlich das Einverständnis mit dem verlesenen Text deutlich werden, wozu allerdings seit dem 1.8.2002 auch die Gebärdensprache ausreicht. Dennoch aber kann bloßes "Zuhören mit dem Ausdruck der Befriedigung" ebenso wenig als Genehmigung ausreichen wie bestätigendes Abnicken mit dem Kopf. Bedenklich weit gehend erscheint es daher, wenn der BGH neuerdings eine im Vollbesitz der geistigen Kräfte des Erblassers vorgenommene Testamentserrichtung auch dann wirksam sein lässt, wenn der Erblasser anschließend als Folge eines Schlaganfalls im Zustand der Bewusstseinstrübung der Vorlesung folgt und die Genehmigung erklärt, solange er nur die Bedeutung des verlesenen Testaments noch erkennen und sich frei entscheiden könne, ob er zustimmen wolle oder nicht.