Rz. 16

Ein gemeinschaftliches Testament kann auch in getrennten Schriftstücken errichtet werden.[31] Dabei ist eine zeitgleiche Abfassung der Schriftstücke nicht erforderlich. Ein gemeinschaftliches Testament liegt dann aber nur vor, wenn der Wille beider Ehegatten, gemeinsam über den Nachlass zu verfügen, zu einer gemeinschaftlichen Erklärung geführt hat, die aus den beiden Einzeltestamenten selbst nach außen erkennbar ist.[32] Oder anders formuliert: Der Wille zur gemeinsamen Testamentserrichtung muss im Inhalt der Urkunde zum Ausdruck kommen, um gemäß der Andeutungstheorie formgerecht niedergelegt zu sein.[33] Dies ist nicht der Fall, wenn es an jeder gegenseitigen Bezugnahme in den Einzelerklärungen auf die Erklärung des anderen fehlt und die Eheleute nur die Worte "ich" und "mein gesamtes Vermögen" verwenden.[34] Nicht einmal die Verwendung der Formulierung "unser gesamtes Hab und Gut" soll zwingend für ein gemeinschaftliches Testament sprechen.[35] Die Annahme eines gemeinschaftlichen Testaments wurde auch in Fällen abgelehnt, in welchen die zeit- und wortgleich errichteten Verfügungen offensichtlich abgesprochen waren, in denen aber weder die Pluralform noch die Formulierung "gemeinsam" verwendet wurde.[36] Findet sich in den Einzelerklärungen kein Anhalt für den Willen zu einer gemeinschaftlichen Testierung, ist es irrelevant, ob außerhalb der Schriftstücke liegende Umstände oder Erklärungen der Ehegatten auf einen derartigen Testierwillen schließen lassen.[37] Damit die Unterschriften beider Ehegatten die in gesonderten Schriftstücken enthaltenen Verfügungen auch umfassen, muss die Zusammengehörigkeit bei losen Blättern durch fortlaufenden Text, Seitenangaben oder andere Umstände feststehen; eine nicht dauerhafte Verbindung oder die gemeinsame Aufbewahrung reicht daher i.d.R. nicht aus.[38]

[31] OLG Zweibrücken FGPrax 2002, 231, 232; BayObLG FamRZ 1993, 240, 241; BayObLG FamRZ 1991, 1485, 1486; OLG München v. 20.4.2010 – 31 Wx 83/09, ZErb 2010, 157 = FamRZ 2010, 1846.
[32] BGHZ 9, 113, 115 ff.; OLG Zweibrücken FGPrax 2002, 231, 232; OLG Zweibrücken FGPrax 2000, 244 = FamRZ 2001, 518; BayObLG FamRZ 1993, 240, 241.
[33] BayObLG FamRZ 1991, 1485, 1486; OLG Düsseldorf v. 3.1.2017 – I-3 Wx 55/16, LS 2 und Rn 19, zit. nach juris = ZErb 2017, 82.
[34] BGHZ 9, 113, 115 ff.; OLG Zweibrücken FGPrax 2002, 231, 232; BayObLG FamRZ 1993, 240, 241; BayObLG FamRZ 1991, 1485, 1486.
[35] Bamberger/Roth/Litzenburger, § 2265 Rn 14.
[36] BayObLG FamRZ 1993, 240 = NJW-RR 1992, 1356.
[38] KG v. 24.5.2017 – 6 W 100/16, Rn 28, zit. nach juris = ZErb 2017, 257.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge