Rz. 9

Die Natur des gemeinschaftlichen Testaments erfordert, dass die Unterschriftsleistung des beitretenden Ehegatten stets nur mit Wissen und Wollen des anderen Ehegatten erfolgt. Dafür soll es genügen, wenn der Ehegatte, der das Testament errichtet hat, den später erfolgenden Beitritt des anderen Teiles zumindest in Betracht gezogen hat.[18] Das OLG München hat hierzu in einem Beschluss vom 1.12.2011 entschieden, dass ein nachträglicher Beitritt auch nach längerer Zeit noch möglich ist, wenn im Zeitpunkt des Beitritts der Wille des ersttestierenden Ehegatten zur gemeinschaftlichen Testierung weiterhin besteht.[19] Dieser Wille zur gemeinschaftlichen Testamentserrichtung durch späteren Beitritt muss zum Zeitpunkt der Beifügung der zweiten Unterschrift noch bei beiden Ehegatten vorhanden sein. Ein gemeinschaftliches Testament kann daher nicht errichtet werden, indem sich der eine Ehegatte der als einseitig gedachten Verfügung des anderen Ehegatten nachträglich anschließt.[20]

 

Rz. 10

Ebenso müssen die Fälle abgegrenzt werden, in denen der hinzutretende Ehegatte lediglich die Kenntnisnahme oder Billigung des Testaments des testierenden Ehegatten schriftlich mit seiner Unterschrift bestätigt. Bleiben bei der Auslegung hieran Zweifel, so hat das Gericht sich für die näherliegende Deutung zu entscheiden.[21]

[18] Staudinger/Kanzleiter, § 2267 Rn 18; Pfeiffer, FamRZ 1993, 1266, 1271; vgl. hierzu auch Mayer, in: Reimann/Bengel/Mayer, § 2267 Rn 23, der zutreffend darauf hinweist, dass sich die Zustimmung des zuerst testierenden Ehegatten vielfach schon aus der Form der Haupterklärung ergibt, wenn dort in der Wir-Form testiert ist.
[19] OLG München v. 1.12.2011 – 31 Wx 249/10, ZErb 2012, 14 = NJW-RR 2012, 153; so auch OLG Hamm v. 12.9.2017 – I-10 U 75/16, LS 2 und Rn 56, zit. nach juris = ZErb 2018, 19 zu einem Fall, in dem 40 Jahre später ein gemeinschaftliches Testament geschaffen wurde.
[20] Mayer, in: Reimann/Bengel/Mayer, § 2267 Rn 23, der hier von einer nachträglichen Vergemeinschaftung spricht.

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