I. Allgemeines
Rz. 17
§ 2267 BGB stellt lediglich eine – erleichterte – Form zur Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments zur Verfügung. Den Ehegatten stehen selbstverständlich auch alle anderen Formen der Testamentserrichtung zur Verfügung, insbesondere die Testierformen des öffentlichen Testaments, §§ 2231 Nr. 1, 2232 BGB. Gleiches gilt für die Formen zur Errichtung von Nottestamenten, §§ 2249 ff. BGB, modifiziert durch die Vorschrift des § 2266 BGB.
II. Gleichwertigkeit der Errichtungsformen
Rz. 18
Wie bei allen Arten der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments, so ist auch bei Verwendung der öffentlichen Testamentsformen stets zu beachten, dass beide Erblasser Verfügungen treffen müssen und dass diese als gemeinschaftliche Verfügungen gewollt sind. Ansonsten sind sämtliche Formen der Errichtung des öffentlichen Testaments gleichwertig und können grundsätzlich auch nebeneinander verwendet werden. So kann bspw. der eine Ehegatte seinen Willen gegenüber dem Notar mündlich erklären, während der andere durch Übergabe einer Schrift testiert. Gleichfalls kann jeder Ehegatte eine gesonderte Schrift übergeben, oder ein Ehegatte ergänzt die übergebene Schrift des anderen durch mündliche Erklärung oder umgekehrt. Es ist hierbei zu beachten, dass es für das Wesen des gemeinschaftlichen Testaments unabdingbar ist, dass die Ehegatten hierbei in Kenntnis von der jeweils getroffenen Verfügung des anderen handeln und diese billigen.
Rz. 19
Aufgrund der Kombinationsmöglichkeiten stellt sich die Frage, ob besondere Schutzvorschriften, die an und für sich nur für die eine Art der Errichtung des öffentlichen Testaments gelten, bei der Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments auch auf die Form der Errichtung der Verfügung des anderen Ehegatten ausgedehnt werden müssen (siehe Rdn 21 und 22 ff.).
III. Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments in einer notariellen Verhandlung (Regelfall)
Rz. 20
Auch hier können sich die Ehegatten der verschiedenen Formen des öffentlichen Testaments zur Errichtung ihres gemeinschaftlichen Testaments bedienen. Aufgrund dieser Kombinationsmöglichkeit stellt sich auch hier die Frage, ob die gesetzlichen Schutzvorschriften, deren Voraussetzungen nur bei einem Ehegatten vorliegen, aufgrund des gemeinschaftlichen Testaments auch bei der Verfügung des anderen Ehegatten zu beachten sind.
IV. Schutzvorschriften
Rz. 21
Treffen die Ehegatten ihre jeweiligen Verfügungen in unterschiedlichen Urkunden, so sind die gesetzlichen Schutzvorschriften nur bei dem Ehegatten zu beachten, bei dem deren Voraussetzungen vorliegen. Stets gewährleistet sein muss jedoch, auch bei der getrennten Verhandlung, dass die Möglichkeit der Kenntnisnahme und Billigung der Verfügung des jeweils anderen Ehegatten für beide Ehegatten besteht.
V. Grundsatz der "ärgeren Hand"
Rz. 22
Wird, wie im Regelfall, nur eine Beurkundungsverhandlung zur Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments durchgeführt, so sind Form- und Verfahrensvorschriften, deren Voraussetzungen nur in der Person eines Ehegatten erfüllt sind, grundsätzlich auch auf den anderen Ehegatten und die Beurkundung seiner Erklärung anzuwenden. Dies wird als Grundsatz der ärgeren Hand bezeichnet. Bei Minderjährigkeit eines Ehegatten kann dieser nach § 2233 Abs. 1 BGB sein Testament nur durch mündliche Erklärung oder durch Übergabe einer offenen Schrift errichten. Dies muss dann auch für den anderen Ehegatten gelten, da ansonsten der Notar seiner Belehrungspflicht nach §§ 17, 30 BeurkG gegenüber dem Minderjährigen nicht nachkommen könnte. Hier muss zum Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung des Minderjährigen die korrespondierende Verfügung des anderen Ehegatten, sei es dass diese vor demselben oder vor einem anderen Notar errichtet wurde oder gleichzeitig errichtet wird, in der Form des § 2233 Abs. 1 BGB vorliegen.
Rz. 23
Vermag der Erblasser Geschriebenes nicht zu lesen, so steht ihm für die Testamentserrichtung nur die Form der mündlichen Erklärung nach § 2233 Abs. 2 BGB zur Verfügung. Hier ist umstritten, ob auch der andere Ehegatte sich dieser Form bedienen muss.
Rz. 24
Aufgrund der Neufassung des § 22 Abs. 1 S. 2 BeurkG ist mit Wirkung zum 1.8.2002 die Vorschrift des § 2233 Abs. 3 BGB entfallen. Die Erklärung des letzten Willens ist nunmehr in jeder beurkundungsrechtlich zulässigen Form möglich, insbesondere auch durch Gebärden oder Mithilfe eines Gebärdensprachdolmetschers.
Ein stummer Ehegatte konnte nach alter Rechtslage bis zum 31.7.2001 sein öffentliches Testament nur durch Übergabe einer Schrift errichten, § 2233 Abs. 3 BGB. Diese Schrift konnte offen oder verschlossen sein. Vorauszusetzen war nur, dass der andere Ehegatte den Inhalt der verschlossenen Schrift kannte und diesen ausdrücklich erklärte. Für die Verfügung des anderen Ehegatten wurde nach h.M. eine Testierung durch mündliche Erklärung oder durch Übergabe einer Schrift zugelassen.
Rz. 25
Bei Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments in öffentlic...