Rz. 2
Abs. 1 ist eine dispositive Auslegungsregel, die gilt, solange nicht die Regelung des Abs. 2 eingreift.[3] In den Fällen des § 2077 BGB, nämlich bei Scheidung, Scheidungsantrag oder Zustimmung zu einem solchen, Aufhebung, Nichtigkeitserklärung nach früherem Recht und Tod des Antragstellers während des laufenden Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens, soll das gemeinschaftliche Testament seinem ganzen Inhalt nach unwirksam sein. Einschlägig ist demnach hier nicht § 2077 BGB, sondern § 2268 BGB als lex specialis. Allerdings erweitert § 2268 BGB die Rechtsfolgen des § 2077 BGB, indem er diese auch auf Verfügungen ausdehnt, mit denen Dritte bedacht werden.[4] Auch umfasst er im Gegensatz zu § 2077 BGB gleichfalls Verfügungen, in denen nur Dritte bedacht werden.[5] Das gemeinschaftliche Testament der Ehegatten ist in diesen Fällen insgesamt und vollständig unwirksam – nicht nur hinsichtlich der wechselbezüglichen Verfügungen. Auch Verfügungen zugunsten Dritter und nicht wechselbezügliche Verfügungen sind ihrem ganzen Inhalt nach unwirksam.[6] Selbst wenn in dem gemeinschaftlichen Testament ausschließlich Dritte bedacht wurden, ist dieses Testament seinem ganzen Inhalt nach unwirksam. Zwar setzt § 2077 BGB voraus, dass wenigstens einem Ehegatten von dem anderen etwas zugewendet wird, so dass man bei rein wörtlicher Auslegung dazu neigen könnte, hier das Vorliegen eines Falles des § 2077 BGB nach Abs. 1 zu verneinen. Richtigerweise wird man nach Normzweck und Entstehungsgeschichte des § 2268 BGB aber annehmen müssen, dass mit den Worten "in den Fällen des § 2077" lediglich die dort genannten Ehebeseitigungsfälle gemeint sind.[7]
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