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Da ein gemeinschaftliches Testament wechselbezügliche und nicht wechselbezügliche Verfügungen enthalten kann, muss die Frage, ob eine Verfügung wechselbezüglich ist oder nicht, für jede einzelne Verfügung gesondert untersucht werden. Dies gilt auch für das Berliner Testament. Es kann sogar nötig sein, Teile einer einzelnen Verfügung als wechselbezüglich anzusehen, andere Teile derselben Verfügung jedoch als nicht wechselbezüglich. Wechselbezügliche Verfügungen können auch in zwei getrennten Urkunden niedergelegt sein. Es ist nicht einmal erforderlich, dass die beiden getrennten Verfügungen zeitnah zueinander errichtet werden. Es ist zwar anerkannt, dass ein großer zeitlicher Abstand zwischen den Verfügungen gegen eine Wechselbezüglichkeit sprechen kann. Das Zeitmoment ist jedoch nicht der einzige zu berücksichtigende Umstand. Die Ehegatten müssen dazu nicht nur den Willen zur Zusammenfassung beider Testamente zum Ausdruck bringen – etwa durch die Bezeichnung des zweiten Testaments als Nachtrag –, sondern sie müssen zusätzlich auch hinsichtlich der früheren und der späteren Verfügung jeweils deutlich machen, dass auch inhaltlich von einem Abhängigkeitsverhältnis auszugehen ist. Anhaltspunkte für eine nachträgliche Verknüpfung können sich etwa auch aus einer inhaltlichen Bezugnahme und einer gemeinsamen Verwahrung der Testamente ergeben. Es ist daher stets danach zu fragen, welche konkrete Verfügung des anderen Ehegatten zu der in der Prüfung stehenden Verfügung wechselbezüglich sein soll. Am Beispiel der gegenseitigen Erbeinsetzung mit gemeinsamer Schlusserbeneinsetzung soll dies verdeutlicht werden: Hier ist zu prüfen, ob der eine Ehegatte den anderen nur deswegen eingesetzt hat, weil auch der andere für den ersten Erbfall gleichlautend verfügt hat. Geht es um die Frage, ob die Schlusserbeneinsetzung des Überlebenden wegen ihrer Wechselbezüglichkeit für den Überlebenden bindend geworden ist, ist zu fragen, ob der vorverstorbene Ehegatte den anderen nur eingesetzt hat, damit dieser die in Rede stehende Schlusserbeneinsetzung verfüge oder ob die Einsetzung des Schlusserben nur deshalb erfolgte, weil dieser auch vom anderen Ehegatten berufen war. Dabei wird bspw. selbst für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten angenommen, dass deren Schlusserbeneinsetzung nicht bindend erfolgt, da hier anzunehmen sei, dass die Einsetzung auf dem Verwandtschaftsverhältnis beruht und nicht auf der Tatsache, dass auch der andere Ehegatte das Gleiche verfügt. In diesen Fällen ist jedoch eine Bindungswirkung möglich, wenn die Einsetzung der Kinder als Schlusserben durch den Überlebenden in Wechselbezüglichkeit zu dessen Einsetzung als Erbe des Erstversterbenden steht. Werden hingegen nicht mit den Ehegatten oder nur mit dem überlebenden Ehegatten verwandte Personen zu Schlusserben eingesetzt, so entspricht es der Lebenserfahrung, dass diese Schlusserbeneinsetzung nicht bindend sein soll.