1. Allgemeines
Rz. 5
Da die Anordnung der Wechselbezüglichkeit allein dem Willen der Ehegatten überlassen ist, erfolgt die Feststellung derselben durch Auslegung nach den allg. Auslegungsgrundsätzen (§§ 133, 2084 BGB). Wie stets bei der Auslegung von gemeinschaftlichen Testamenten ist darauf zu achten, ob die nach dem Willen des einen Ehegatten mögliche Auslegung auch dem Willen des anderen entsprochen hat. Maßgeblich ist dabei der gemeinsame Wille der Ehegatten bei Testamentserrichtung. Nachträglich eingetretene Umstände sind daher für die Auslegung nicht heranzuziehen. Bspw. nicht relevant sind nachträgliche Vermögensänderungen, nachträgliche Familienstreitigkeiten oder eine nachträgliche abweichende Testierung durch den Überlebenden. Auch eine Ermittlung der Wechselbezüglichkeit durch ergänzende Auslegung ist möglich. Auch außerhalb des Testaments liegende Umstände können zur Auslegung herangezogen werden. Solche Umstände können sein die Vermögensverhältnisse der Ehegatten, insbesondere eine erhebliche Vermögensdiskrepanz, die Wertigkeit der gegenseitigen Zuwendungen, Äußerungen der Erblasser, Zuwendungen während der Ehe etc. Wichtig ist es jedoch, festzuhalten, dass all diese Gesichtspunkte zwar in die pflichtgemäße Willenserforschung einfließen müssen, es aber keine festen Regeln dafür gibt, welches Auslegungsergebnis sich am Ende ergeben wird. Deswegen ist es z.B. nicht möglich, alleine aufgrund der Tatsache, dass die Ehegatten die Form des sog. Berliner Testaments nach § 2269 Abs. 1 BGB gewählt haben, von wechselbezüglichen Verfügungen auszugehen.
Die Testamentsauslegung ist Sache des Tatrichters. Die Überprüfung im Wege der weiteren Beschwerde oder der Revision ist daher auf Rechtsfehler beschränkt. Dabei kommt es insbesondere darauf an, ob die Auslegung der Tatsacheninstanz gegen gesetzliche Auslegungsregeln, allgemeine Denk- und Erfahrungsgrundsätze oder Verfahrensvorschriften verstößt, ob in Betracht kommende andere Auslegungsmöglichkeiten nicht in Erwägung gezogen oder wesentliche Umstände übersehen wurden. Dabei muss die Auslegung des Tatrichters nicht zwingend sein. Es genügt, wenn sie nur möglich ist.
2. Indizien für Wechselbezüglichkeit
Rz. 6
Stark für Wechselbezüglichkeit spricht es, wenn gleichlautende Verfügungen der Ehegatten bzw. Verfügungen in der "Wir"-Form im gemeinschaftlichen Testament vorliegen. Alleine das Vorliegen eines gemeinschaftlichen Testaments sagt nichts über die Frage der Wechselbezüglichkeit aus. Gegen Wechselbezüglichkeit spricht eine unterschiedliche Regelung der beiden Erbfälle. Die Bestimmung, dass nach dem Tod des Überlebenden nach der gesetzlichen Erbfolge geteilt werden solle, kann wechselbezüglich sein und eine bindende Einsetzung der gesetzlichen Erben bedeuten. War Sinn und Zweck des gemeinschaftlichen Testaments die Absicherung der gemeinsamen Kinder, so spricht auch dies stark für Wechselbezüglichkeit. Aber auch, wenn nur die Kinder des vorverstorbenen Ehegatten als Schlusserben eingesetzt sind, soll dies nach der allgemeinen Lebenserfahrung für Wechselbezüglichkeit sprechen. In diesen Fällen enterbt der Vorverstorbene zugunsten des Überlebenden seine eigenen Kinder. Es soll daher naheliegen, dass der Vorverstorbene dies nur tut, weil der Überlebende im Gegenzug dafür als Schlusserb...