1. Allgemeines
Rz. 20
Hier ist danach zu differenzieren, ob der Ehegatte, dem gegenüber der Widerruf eines Teiles einer wechselbezüglichen Verfügung erklärt wurde, seine korrespondierenden wechselbezüglichen Verfügungen auch dann getroffen hätte, wenn der durch den anderen widerrufene Teil des Ehegattentestaments von Anfang an gefehlt hätte. Ist dies nicht der Fall, so ist der widerrufene Teil tatsächlich nicht wechselbezüglich und damit muss auch der Widerruf nicht nach Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 2296 BGB erklärt werden. Ist hingegen davon auszugehen, dass der teilweise Widerruf den Partner von der Errichtung seiner wechselbezüglichen Verfügung abgehalten hätte, so gilt es, die Form des § 2296 BGB zu beachten.
Rz. 21
Praxistipp
Im Zweifel sollte hier immer der Widerruf in der Form des § 2296 BGB erklärt werden, um den sichersten Weg zu gehen.
2. Fälle der Beschränkungen und Beschwerungen
Rz. 22
Wie ein teilweiser Widerruf sind Fälle der Beschränkung oder Beschwerung eines Bedachten durch eine neue Anordnung zu behandeln, Beispiel: Nacherbeneinsetzung oder Anordnung einer Testamentsvollstreckung. Dies gebietet der Schutzzweck des § 2271 BGB. Man kann dies auch aufgrund eines Umkehrschlusses herleiten aus §§ 2271 Abs. 3, 2306 BGB. Dort werden Beschränkungen und Beschwerungen verschiedener Art als teilweise Aufhebung der zugestandenen Rechtspositionen angesehen. Auch in diesem Rahmen ist daher § 2296 BGB für die Form des Widerrufs zu beachten.
Rz. 23
Solche Beschränkungen und Beschwerungen, die zu einem Widerruf nach § 2296 BGB zwingen, liegen in der nachträglichen Einsetzung eines Nacherben oder in der Ernennung eines Testamentsvollstreckers, wenn diese Anordnung dem anordnenden Ehegatten nicht ausdrücklich oder stillschweigend erlaubt war, was sich auch durch ergänzende Auslegung unter verständiger Würdigung der tatsächlichen Umstände ergeben kann.
Rz. 24
Keine Beeinträchtigung stellt die Aufhebung einer angeordneten Testamentsvollstreckung sowie die bloße Auswechslung der Person des Testamentsvollstreckers dar.
Rz. 25
Weitere Bsp. für eine Beschränkung sind die Anordnung einer Teilungsanordnung, solange nicht eine Ausgleichungspflicht angeordnet wurde, die Anordnung eines Vermächtnisses, mit welchem der Bedachte beschwert wird, die Beschwerung mit einer Auflage und Ausschließung der Rechte des Schwiegersohnes vom Erbteil der Tochter.
Rz. 26
Keine Beeinträchtigung liegt vor, wenn der Vater oder die Mutter der minderjährigen Erben von der Verwaltung der Zuwendungen ausgeschlossen werden.
Rz. 27
Zur Frage, ob der überlebende Ehegatte einem der Erben zum Zwecke der Erbteilung eine Generalvollmacht erteilen kann, hat das BayObLG Stellung genommen. Auch wenn eine solche Generalvollmacht zum Zwecke der Erbteilung erteilt wurde, ist die Erteilung der Vollmacht dennoch nur dann der unwirksamen Einsetzung eines Testamentsvollstreckers gleichzustellen, wenn sie unwiderruflich erteilt worden ist. Ist sie widerruflich, so können die Erben sie jederzeit widerrufen. Damit liegt dann keine Beschränkung der Erben gegen deren Willen vor. Anders ist es bei der Testamentsvollstreckung, die unabhängig vom Willen der Erben gilt.
3. Kein einseitiger Widerruf durch neue Verfügung
Rz. 28
Durch Abs. 1 S. 2 wird klargestellt, dass der Widerruf wechselbezüglicher Verfügungen nicht einseitig durch neue Verfügungen von Todes wegen erfolgen kann.
4. Beschränkung in guter Absicht
Rz. 29
Neben dem Widerruf ist auch die Beschränkung in guter Absicht bereits noch zu Lebzeiten des anderen Ehegatten einseitig für einen Ehegatten möglich. Die Form des § 2271 BGB muss hierfür nicht gewahrt werden. Hat sich ein pflichtteilsberechtigter Abkömmling beider Ehegatten oder einer von ihnen der Verschwendung ergeben oder ist er in erhebliche Überschuldung geraten, so kann jeder Ehegatte in einem einseitigen Testament die Anordnung nach § 2338 BGB treffen. Dabei sind die inhaltlichen Anforderungen des § 2336 BGB in entsprechender Anwendung zu beachten, §§ 2271 Abs. 3, 2338 Abs. 2 S. 1 BGB i.V.m. § 2289 Abs. 2 BGB.
Rz. 30
Auch ist dabei unerhebl...