Dr. Manuel Tanck, Jaane Kind
I. Unbeschränkte Geschäftsfähigkeit des Erblassers
Rz. 2
Ein Geschäftsunfähiger oder beschränkt Geschäftsfähiger kann einen Erbvertrag nicht schließen. Dies gilt auch dann, wenn der gesetzliche Vertreter zustimmt; eine nachträgliche Heilung, z.B. nach §§ 108 Abs. 3, 182 BGB ist ebenfalls nicht möglich. Der Einwilligungsvorbehalt bei einem betreuten Erblasser erfasst den Erbvertrag nicht, § 1903 Abs. 2 BGB. Nach § 28 BeurkG soll der Notar Wahrnehmungen über die erforderliche Geschäftsfähigkeit des Erblassers in der Niederschrift vermerken. Bei Fehlen der Geschäftsfähigkeit kommt unter den Voraussetzungen des § 140 BGB eine Umdeutung in ein Testament in Betracht.
Rz. 3
Im Beschl. v. 18.12.2002 hat das BVerfG entschieden, dass "trotz erheblicher Zweifel an der Geschäftsfähigkeit im Übrigen eine partielle Geschäftsfähigkeit für die Eheschließung gegeben sein kann". Die Frage, ob aus dieser Entscheidung auch eine partielle Geschäftsfähigkeit für einen Ehegatten-Erbvertrag angenommen werden kann, ist im Hinblick auf die Änderung des § 2275 BGB durch Aufhebung der Abs. 2 und 3 irrelevant geworden. Der Erblasser muss bei Abschluss des Erbvertrags voll geschäftsfähig sein.
II. Vertragsgegner
Rz. 4
Der lediglich annehmende Vertragsgegner kann sich vertreten lassen, vgl. § 2274 BGB; als beschränkt Geschäftsfähiger kann er auch alleine handeln, sofern die Annahme für ihn lediglich einen rechtlichen Vorteil darstellen wird, §§ 106, 107 BGB. Geht er dagegen eine Verpflichtung, z.B. in einem anderen Vertrag, ein, so ist zu unterscheiden: Grundsätzlich stehen beide Verträge nebeneinander, so dass nur der Vertrag einer Zustimmung bedarf, durch den sich der beschränkt Geschäftsfähige verpflichtet hat, nicht dagegen der Erbvertrag. Bilden beide Verträge eine Einheit, dann bedarf der Vertrag der Zustimmung; wird der Erbvertrag z.B. mit einem Erbverzichtsvertrag verbunden, ist sogar eine Genehmigung durch das FamG erforderlich, § 2347 Abs. 1 BGB.
III. Ehegatten und Verlobte
Rz. 5
Abs. 2 u. 3 sahen bis zu ihrer Aufhebung durch das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen am 22.7.2017 für beschränkt geschäftsfähige Ehegatten die Möglichkeit vor, bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters einen Erbvertrag zu schließen. Da gleichgeschlechtliche Partner nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 LPartG a.F. volljährig sein mussten, galt für sie die Ausnahme nicht. Vor dem 22.7.2017 unter Bezugnahme auf die Abs. 2 und 3 a.F. geschlossene Erbverträge dürften wirksam sein.