Dr. Manuel Tanck, Jaane Kind
Gesetzestext
(1)Auf vertragsmäßige Zuwendungen und Auflagen finden die für letztwillige Zuwendungen und Auflagen geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.
(2)Die Vorschrift des § 2077 gilt für einen Erbvertrag zwischen Ehegatten, Lebenspartnern oder Verlobten auch insoweit, als ein Dritter bedacht ist.
A. Allgemeines
Rz. 1
Abs. 2 erklärt § 2077 BGB ausdrücklich für anwendbar und erweitert seinen Anwendungsbereich auch auf bedachte Dritte. Er geht davon aus, dass die Ehegatten, Lebenspartner oder Verlobten die Verfügungen für den Fall des Scheiterns ihrer Verbindung nicht aufrechterhalten wollen. Abs. 1 stellt klar, dass die Regelungen zum Testament auf die vertragsmäßigen Verfügungen Anwendung finden, soweit keine besonderen Bestimmungen für den Erbvertrag vorgesehen sind. Für einseitige Verfügungen gilt das Testamentsrecht nach § 2299 Abs. 2 BGB. Durch das Lebenspartnerschaftsgesetz ist Abs. 2 mit Wirkung zum 1.8.2001 durch die Erwähnung der Lebenspartner ergänzt worden. Nach der Ermöglichung der Eheschließung auch für gleichgeschlechtliche Paare können neue Lebenspartnerschaften nicht mehr geschlossen werden, weshalb mit Wirkung zum 22.12.2018 die diesbezügliche Erweiterung auf Verlobte nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz gestrichen wurde. Die bisher geschlossenen Lebenspartnerschaften bleiben bestehen, weshalb in § 2279 Abs. 2 BGB auch weiterhin Lebenspartner ausdrücklich erwähnt werden.
B. Tatbestand
I. Anwendbare Vorschriften
1. Erbrechtliche Vorschriften
Rz. 2
Folgende Vorschriften sind entsprechend anwendbar: (Anfall, Erwerb und Ausschlagung) §§ 1937–1959, 2094, 2095 BGB; (Auslegung) §§ 2065–2077, 2084–2093 BGB; (Ersatzerbfolge) §§ 2096–2099 BGB; (Nacherbschaft) §§ 2100–2146 BGB; (Vermächtnis) §§ 2147–2191 BGB; (Auflage) §§ 2192–2196 BGB. §§ 2265–2268 BGB sind dagegen nicht anwendbar, ebenso enthält § 2298 BGB zu § 2085 BGB eine Sonderregelung. Auf das Ausschlagungsrecht kann nicht verzichtet werden; ein solcher Verzicht erfolgt insbesondere nicht durch die Annahme der Zuwendung im Erbvertrag, da hierin keine Annahme i.S.d. §§ 1943, 2180 BGB zu sehen ist.
2. Allgemeine Vorschriften
Rz. 3
Für die Vertragsauslegung sind grundsätzlich die §§ 133, 157 BGB maßgeblich, für die Willenserklärungen die §§ 116 ff. BGB. Bei der Auslegung kommt es entscheidend auf den Willen der Vertragsschließenden und den Empfängerhorizont des Vertragspartners an; die Verkehrssitte tritt dagegen weitgehend in den Hintergrund.
II. Ehe, Lebenspartnerschaft, Verlöbnis
Rz. 4
Abs. 2 macht die Wirksamkeit des Erbvertrages vom Bestehen der Ehe, der Lebenspartnerschaft oder des Verlöbnisses abhängig; dies gilt auch, wenn Dritte, z.B. Kinder, bedacht werden; es ist jedoch stets zu prüfen, ob die Ehegatten bei Abschluss des Vertrages etwas anderes gewollt haben (§ 2077 Abs. 3 BGB); das wird bei der Erbeinsetzung der gemeinsamen Kinder i.d.R. der Fall sein. Ein später erkennbarer Wille dient als Indiz.
III. Erblasser
Rz. 5
Bei einem gegenseitigen Erbvertrag ist Erblasser nur der Erstverstorbene; entscheidend ist daher, ob er die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte (§ 2077 Abs. 1 S. 2 BGB). Verstirbt der Ehegatte, der den Scheidungsantrag nicht gestellt hat, bleiben die Verfügungen wirksam. Für den Überlebenden kommt dann allenfalls die Anfechtung nach § 2281 BGB in Betracht. Wird in einem einseitigen Erbvertrag ein Dritter bedacht, kommt es auf den Tod des Erblassers an und darauf, ob er die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte. Die Scheidungsklage des Erstverstorbenen, wenn er dem Dritten gegenüber nicht Erblasser ist, berührt die Wirksamkeit des Erbvertrages nicht.
C. Rechtsfolgen
Rz. 6
Scheitert die Verbindung zwischen den Ehegatten, Verlobten oder Lebensgefährten vor dem Tod des Erblassers, sind die vertragsmäßigen Verfügungen im Zweifel unwirksam, wenn ein anderer Wille nicht erkennbar ist, § 2077 Abs. 3 BGB. Dies gilt grundsätzlich auch für Verfügungen, durch die ein Dritter begünstigt wird. Die Unwirksamkeit der Erbeinsetzung führt beim gegenseitigen Erbvertrag i.d.R. zur Unwirksamkeit des gesamten Erbvertrages, § 2298 Abs. 1 BGB.
Diese Rechtsfolge gilt allerdings jeweils nur, soweit nicht ein anderer Wille des Erblassers erkennbar ist. An die Feststellung dieses "Aufrechterhaltungswillens" sind aber nach der Rechtsprechung hohe Anforderungen zu stellen.
Literaturtipps
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Kanzleiter, Keine wechselbezüglichen Verfügungen in gemeinschaftlichen Testamenten nach der Ehescheidung!, ZEV 2005, 181; |
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Kellermann, Die Auswirkungen einer Scheidung auf das Ehegattenerbrecht, JuS 2004, 1071; |
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Mayer, Der F... |