Dr. Manuel Tanck, Jaane Kind
Gesetzestext
(1)Die Anfechtung durch den Erblasser kann nur binnen Jahresfrist erfolgen.
(2)1Die Frist beginnt im Falle der Anfechtbarkeit wegen Drohung mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört, in den übrigen Fällen mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erblasser von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt. 2Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 206, 210 entsprechende Anwendung.
(3)Hat im Falle des § 2282 Abs. 2 der gesetzliche Vertreter den Erbvertrag nicht rechtzeitig angefochten, so kann nach dem Wegfall der Geschäftsunfähigkeit der Erblasser selbst den Erbvertrag in gleicher Weise anfechten, wie wenn er ohne gesetzlichen Vertreter gewesen wäre.
A. Tatbestand
I. Erblasser
Rz. 1
Die Anfechtungsfrist des § 2283 BGB gilt nur für den Erblasser, ebenso wie für den gesetzlichen Vertreter des geschäftsunfähigen Erblassers (§ 2282 Abs. 2 BGB). Bei Fristversäumung durch den gesetzlichen Vertreter kann der Erblasser nach Wegfall der Geschäftsunfähigkeit – innerhalb von sechs Monaten (§ 210 BGB) – noch selbst anfechten (Abs. 3). Ficht ein Dritter an, so gelten die §§ 2080, 2082 BGB, für den Vertragspartner zusätzlich §§ 121, 124 BGB.
II. Frist
Rz. 2
Die Anfechtungsfrist beträgt ein Jahr (Abs. 1). Sie beginnt grundsätzlich mit der Kenntnis vom Anfechtungsgrund, bei Anfechtbarkeit wegen Drohung mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört (Abs. 2). Es ist die Kenntnis aller für die Anfechtung wesentlicher Tatumstände erforderlich, auch die Kenntnis von der entsprechenden Verfügung, wobei ausreichend ist, dass der Erblasser diese Kenntnis ohne weitere Gedächtnishilfen gehabt hätte, wenn er sich mit der Erbsituation beschäftigt hätte. Die Unkenntnis einer Tatsache kann auch auf einem Rechtsirrtum beruhen, z.B. wenn der Erblasser den Erbvertrag für unwirksam hält, aufgrund einer Anfechtung, der Einreichung des Scheidungsantrags oder eines Widerrufs, nicht dagegen, wenn der Erblasser aufgrund von tatsächlichen Änderungen davon ausgeht, er sei an den Erbvertrag nicht mehr gebunden, auch dann nicht, wenn der Irrtum die Voraussetzungen des Anfechtungstatbestandes betrifft. Für die Bestimmung der Anfechtungsfrist ist eine genaue Feststellung des Anfechtungsgrundes erforderlich.
B. Rechtsfolgen
Rz. 3
Die Anfechtungsfrist ist eine Ausschlussfrist, die bei Versäumung zum Ausschluss der Anfechtung führt. § 2083 BGB ist nicht entsprechend anwendbar, wenn der Erblasser selbst die Anfechtungsfrist versäumte, so dass bei Anfechtbarkeit ein Leistungsverweigerungsrecht nicht besteht.
C. Verfahrensfragen
Rz. 4
Für die Berechnung der Frist gelten §§ 187 ff. BGB. Da Voraussetzung für die Anfechtung die Kenntnis von der anzufechtenden Verfügung ist, schließt fehlende Kenntnis den Fristbeginn grundsätzlich aus. Dies gilt aber nicht, wenn der Erblasser die Kenntnis ohne weitere Gedächtnishilfen gehabt hätte, wenn er sich mit der Erbsituation beschäftigt hätte. Im Übrigen gilt, dass der Anfechtungsgegner, der sich auf den Ablauf der Anfechtungsfrist beruft, hierfür beweispflichtig ist. Nach Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 206 BGB wird die Verjährung bei höherer Gewalt gehemmt; hierzu gehört auch der Stillstand in der Rechtspflege.
Literaturtipps
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Literatur |
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Leipold, Der vergessliche Erblasser und die Anfechtung, ZEV 1995, 99. |