Dr. Manuel Tanck, Jaane Kind
I. Nichtiger Vertragsinhalt
Rz. 2
Zunächst einmal sind die (schuldrechtlichen) Verträge nichtig, die den in § 2302 BGB genannten Inhalt haben. Da aber § 2302 BGB generell Verträge verbieten will, durch die sich der Erblasser unter Umgehung der Vorschriften zum Erbvertrag oder gemeinschaftlichen Testament erbrechtlich bindet, sind auch Verträge nichtig, durch die sich der Erblasser verpflichtet, eine letztwillige Verfügung in einer bestimmten Form oder mit einem bestimmten Inhalt zu treffen, auch eine Verfügung von Todes wegen nicht zu ändern, ebenso auf das Aufhebungsrecht (§§ 2290 ff. BGB) oder den Rücktritt (§§ 2294 ff. BGB) zu verzichten. Unzulässig sind aber nicht nur schuldrechtliche Verträge, sondern auch einseitige Verpflichtungen des Erblassers, ebenso wie erbrechtliche Verfügungen, z.B. Auflagen, wenn sie geeignet sind, die Testierfreiheit des Erblassers einzuschränken: So ist eine Auflage, die den Beschwerten verpflichtet, eine bestimmte letztwillige Verfügung zu treffen, nichtig. Möglich ist aber, dass der Erblasser eine Zuwendung an die Bedingung knüpft, dass der Bedachte seinerseits eine bestimmte Person bedenkt, denn dabei wird nur die Zuwendung, nicht aber die Testierfreiheit selbst eingeschränkt. Eine vertragliche Verpflichtung, eine Erbschaft auszuschlagen, ist wirksam; erfolgte die Verpflichtung gegenüber dem Erblasser in der Form des § 2348 BGB, dann ist eine Umdeutung in einen Erbverzicht (§§ 2346, 2352 BGB) möglich; erfolgte die Vereinbarung mit einem Dritten, gilt § 311b Abs. 4 u. 5 BGB. Auf Rechtsgeschäfte unter Lebenden, selbst wenn sie auf den Todesfall getroffen werden, ist § 2302 BGB nicht anwendbar.
II. Auslegung, Umdeutung
Rz. 3
Ist ein Vertrag nach § 2302 BGB nichtig, besteht die Möglichkeit, eine solche unzulässige Verpflichtung auszulegen oder in eine letztwillige Anordnung umzudeuten. Diente die Verpflichtung zu einer letztwilligen Verfügung der Abgeltung von erbrachten Dienstleistungen, kann in dieser Verpflichtung die Vereinbarung einer Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB gesehen werden; dagegen kommt § 812 BGB in diesen Fällen nicht in Betracht, da Voraussetzung wäre, dass ein (dienst)vertragliches Verhältnis zwischen den Parteien nicht bestanden hat. Eine Umdeutung der vertraglichen Verpflichtung in eine erbrechtliche Verfügung kommt in folgenden Fällen in Betracht: Haben sich die Ehegatten in einem Erbvertrag gegenseitig zu Erben eingesetzt und vereinbart, dass der Überlebende das beim Tod vorhandene Vermögen auf die gemeinsamen Kinder überträgt, dann kann diese Verpflichtung in eine Schlusserbeneinsetzung umgedeutet werden; soll ein der Ehefrau zugewandtes Vermächtnis den Kindern vererbt werden, kann diese Verpflichtung als Nachvermächtnis aufrechterhalten werden. Ist die Erbeinsetzung der Ehefrau mit der Verpflichtung verbunden worden, testamentarische Verfügungen ausschließlich zugunsten gemeinsamer Kinder zu treffen, kommt eine Umdeutung in die Anordnung einer Nacherbfolge in Betracht.