Rz. 40
Schuldner des Pflichtteilsanspruchs sind gem. § 2303 BGB grundsätzlich die Erben. Mitglieder einer Erbengemeinschaft haften – sowohl vor als auch nach der Auseinandersetzung – gem. §§ 2058 ff. BGB im Außenverhältnis als Gesamtschuldner i.S.d. §§ 421 ff. BGB. Der Pflichtteilsberechtigte hat also grundsätzlich die freie Wahl, welchem Miterben gegenüber er seinen Anspruch geltend macht. Bis zur Annahme der Erbschaft kann der Pflichtteilsanspruch auch gegenüber einem etwa bestellten Nachlasspfleger geltend gemacht werden. Der Testamentsvollstrecker ist aber in keinem Fall der richtige Anspruchsgegner.
Rz. 41
Ist der Erbe selbst pflichtteilsberechtigt, steht ihm (in Höhe seines eigenen Pflichtteils) die Einrede des § 2319 BGB zu. Diese Vorschrift ermöglicht es dem pflichtteilsberechtigten Miterben, die Erfüllung des Pflichtteils eines anderen Pflichtteilsberechtigten insoweit zu verweigern, als ihm ansonsten sein eigener Pflichtteil nicht verbleiben würde.
Rz. 42
Im Übrigen ist bzgl. der Haftung der Erben zu unterscheiden, ob der Pflichtteilsanspruch vor oder nach der Erbauseinandersetzung geltend gemacht wird. Unmittelbar gegen den Vermächtnisnehmer kann der Pflichtteilsanspruch nie gerichtet werden. Der Erbe hat jedoch das Recht, die von ihm im Außenverhältnis (also gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten) allein zu tragende Pflichtteilslast im Innenverhältnis zu einem bestimmten Teil auf den Vermächtnisnehmer bzw. den Begünstigten einer Auflage abzuwälzen. Hierzu sieht das Gesetz die Kürzung des Vermächtnisanspruchs nach den §§ 2318 ff. BGB vor. Die §§ 2318 ff. BGB betreffen aber – mit Ausnahme des § 2319 BGB – nur das Innenverhältnis zwischen Erben und Vermächtnisnehmern. Lediglich der Vorschrift des § 2319 BGB kommt auch eine Außenwirkung zu. Auch gegenüber dem Testamentsvollstrecker kann der Pflichtteilsanspruch nicht geltend gemacht werden, § 2113 Abs. 1 S. 3 BGB. Zur Durchsetzung des Pflichtteilsanspruchs gegen den Erben ist aber ein Duldungstitel (§ 748 Abs. 3 ZPO) gegen den Testamentsvollstrecker erforderlich.
Rz. 43
Bis zur Teilung des Nachlasses haftet jeder Miterbe gesamtschuldnerisch für den Pflichtteilsanspruch. Die einzelnen Miterben können jedoch eine Beschränkung ihrer Haftung auf ihren jeweiligen Anteil am Nachlass erreichen mit der Folge, dass sie dem Pflichtteilsgläubiger nicht mit ihrem Eigenvermögen haften müssen. Diesem Ziel dient die Einrede des ungeteilten Nachlasses nach § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB. Vor der Erbauseinandersetzung unterstellt das Gesetz nämlich, dass der Nachlass einerseits und das Eigenvermögen der Erben andererseits noch hinreichend voneinander abgesondert sind. Die Einrede des ungeteilten Nachlasses wird bei der Zwangsvollstreckung aber dennoch nur dann berücksichtigt, wenn sie gem. § 780 ZPO im Urteil vorbehalten wurde. Wurde die Auseinandersetzung bereits durchgeführt, greift die Einrede des § 2059 BGB nicht mehr. Nach der Teilung kann der einzelne Miterbe über die ihm zugefallenen Gegenstände frei verfügen, so dass den Nachlassgläubigern jetzt ein erweiterter Schutz gebührt. Daher ordnet das Gesetz in § 2058 BGB eine unbeschränkte, aber nach §§ 2061 ff. BGB beschränkbare Haftung der Miterben an.
Rz. 44
Im Falle der Insolvenz des pflichtteilsverpflichteten Erben sind Pflichtteilsansprüche gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen. Dies gilt auch dann, wenn zugleich eine Testamentsvollstreckung angeordnet wurde. In diesem Fall gehört zwar der mit der Testamentsvollstreckung beschwerte Nachlass zur Insolvenzmasse, dem Insolvenzverwalter ist jedoch die Verwertungsbefugnis hierüber entzogen. Aus diesem Grunde können Gläubiger des Erben nicht in den Nachlass vollstrecken. Der Pflichtteilsgläubiger ist aber aus dem zur Insolvenzmasse gehörenden Nachlass (unter Beachtung der Beschränkungen der §§ 2211, 2214 BGB) zu befriedigen. Der Nachlass bildet insoweit eine Sondermasse innerhalb der Insolvenzmasse. Ein Pflichtteilsergänzungsberechtigter kann zusätzlich seine Forderungen in voller Höhe zur Insolvenztabelle anmelden, soweit der Nachlass zur Befriedigung seiner Ansprüche nicht ausreicht.