Rz. 49
Im Regelfall geht der Pflichtteilsberechtigte prozessual im Wege der Stufenklage (§ 254 ZPO) vor. Da er zumeist keine Kenntnis vom Bestand des Nachlasses hat, ist ihm diese Klageart eröffnet. Der Klageantrag in der ersten Stufe richtet sich auf Auskunftserteilung des Erben über den Bestand des Nachlasses (§§ 260, 2314 BGB), in der zweiten Stufe auf die Abgabe einer Versicherung an Eides statt (§ 260 Abs. 2 BGB) und in der dritten Stufe auf die Erfüllung des eigentlichen Zahlungsanspruchs, der sich betragsmäßig aus dem in der ersten Stufe ermittelten Nachlasswert und der Pflichtteilsquote ergibt. Oftmals muss zwischen der zweiten und der dritten Stufe noch zusätzlich auf Wertermittlung geklagt werden. Die Stufenklage unterbricht die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs in der Höhe, in der er später beziffert wird. Hierzu reicht es aus, wenn der Antrag in der ersten Stufe gestellt wird. Erteilt der Beklagte nach Eintritt der Rechtshängigkeit der Stufenklage die begehrte Auskunft, kann hinsichtlich des Auskunftsantrags die Hauptsache für erledigt erklärt werden, ohne dass den Kläger die Prozesskosten treffen. Erweist sich der Nachlass aufgrund der Auskunftserteilung als nicht werthaltig, so dass ein Zahlungsanspruch nicht besteht, ergibt sich hieraus hinsichtlich der anschließenden prozessualen Verfahrensweise bzw. der Kostentragungspflicht ein bislang umstrittenes Problem: Durch die bloße Erklärung der Erledigung der Hauptsache bzgl. des Zahlungsantrags kann der Kläger die Prozesskostensituation nicht retten. Nach Ansicht des BGH sind in diesem Falle dem Kläger die Kosten nach § 92 ZPO aufzuerlegen, weil die Zahlungsklage unbegründet gewesen wäre. Auch eine analoge Anwendung des Rechtsgedanken aus § 93 ZPO kommt nicht in Betracht. Dies führt im Ergebnis zu einer als ungerecht empfundenen Kostentragungspflicht des Auskunftsklägers, der die Stufenklage im Zweifel nur zur Vermeidung der Verjährung seines Zahlungsanspruchs erhoben hat. Der BGH gesteht dem Kläger daher in solchen Fällen einen materiell-rechtlichen Schadensersatzanspruch in Bezug auf die angefallenen Kosten der unbegründeten Zahlungsklage zu, wenn diese bei rechtzeitiger Auskunftserteilung vermeidbar gewesen wäre. Diesen Schadensersatzanspruch kann der Kläger entweder in einem Folgeprozess oder im laufenden Verfahren – durch Klageänderung – einfordern; diese ist gem. § 263 ZPO als sachdienlich anzusehen.
Rz. 50
Der Streitwert der Stufenklage bestimmt sich nach § 254 ZPO. Kann der Kläger zum Zeitpunkt der Erhebung der Stufenklage den Zahlungsanspruch noch nicht beziffern, ist der Streitwert gem. § 3 ZPO zu schätzen. Soweit ein Teilleistungsanspruch beziffert werden kann, ist dieser als Streitwert zugrunde zu legen und zusätzlich gem. § 3 ZPO der Wert des Auskunftsinteresses zu schätzen. Für den Gebührenstreitwert gilt § 18 GKG, demzufolge bei der Stufenklage der höchste Wert der erhobenen Ansprüche maßgeblich ist. Dies gilt auch dann, wenn die Stufenklage bereits nach Verhandlung nur über die Auskunftsstufe abgewiesen wird. In diesem Fall richtet sich aber die für die mündliche Verhandlung entstandene Rechtsanwaltsgebühr (Terminsgebühr) lediglich nach dem Wert der Auskunftsstufe.