I. Verjährung
Rz. 65
Aus der Perspektive des Anwalts stellt die Verjährungsproblematik aufgrund der zu unterschiedlichen Zeitpunkten beginnenden Fristen hinsichtlich des ordentlichen Pflichtteils und des Pflichtteilsergänzungsanspruchs oft ein großes Haftungsrisiko dar. Auch die praktische Schwierigkeit, den Zeitpunkt der Kenntniserlangung von Erbfall und beeinträchtigender Verfügung des Erblassers zu ermitteln und vor allem zu beweisen, sollte nicht unterschätzt werden. Ist der Anwalt bspw. aufgrund nahender Verjährung gezwungen, Klage zu erheben, trifft ihn auf jeden Fall die Pflicht, den Mandanten über alle Risiken aufzuklären, insbesondere auch darüber, dass die Verjährung nicht unterbrochen wird, wenn der Gerichtskostenvorschuss nicht rechtzeitig einbezahlt wird. Nach Ansicht des BGH entfällt nämlich die materiell-rechtliche Wirkung des § 270 Abs. 3 ZPO, wenn der Kläger durch nachlässiges Verhalten eine nicht nur geringfügige Verzögerung der Zustellung provoziert. Dies wird bereits bei einer Verzögerung von 18–20 Tagen anzunehmen sein. Der Anwalt sollte daher seinen Mandanten spätestens bei der Zusendung der Aufstellung über die vorläufigen Gerichtskosten und dem Vorschussbegehren die Eilbedürftigkeit durch einen sichtbaren Hinweis verdeutlichen. Besser ist es, bereits in der Vorbesprechung hierauf hinzuweisen. Kommt der Anwalt seiner Aufklärungspflicht nicht nach, setzt er sich erheblichen Haftungsrisiken aus.
Rz. 66
Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass Pflichtteilsansprüche eines unter Betreuung stehenden Pflichtteilsberechtigten gegenüber dem als sein Betreuer fungierenden Erben während des Bestehens der Betreuung nicht verjähren können. Nach § 207 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 BGB ist die Verjährung von Ansprüchen zwischen dem Betreuten und dem Betreuer während der Dauer des Betreuungsverhältnisses gehemmt. Die Vorschrift ist auf Ansprüche aller Art anwendbar, so dass sie auch im Bereich des Pflichtteilsrechts Gültigkeit hat.
II. Erbverzicht
Rz. 67
Im Rahmen der lebzeitigen Planung sollen künftige Pflichtteilsansprüche vielfach durch die Vereinbarung von Verzichtsverträgen ausgeschlossen werden. Insoweit ist zu beachten, dass ein Erbverzicht zwar nach § 2336 BGB i.d.R. auch den Verzicht auf das Pflichtteilsrecht des Verzichtenden umfasst, dessen ungeachtet aber oft keine wirtschaftliche Entlastung des pflichtteilsverpflichteten Erben bewirkt. Denn gem. § 2310 S. 2 BGB führt der Erbverzicht zu einer Erhöhung der Erb- und somit auch der Pflichtteilsquoten der verbleibenden Pflichtteilsberechtigten. Somit ist der Erbverzicht in den meisten Fällen nicht das geeignete Mittel zur wirksamen Pflichtteilsreduzierung. Zur Vermeidung von Haftungsrisiken sollte der rechtliche Berater bzw. der Notar auf die Folgen des § 2310 S. 2 BGB im Vorfeld der Vereinbarung des Verzichts ausdrücklich hinweisen und ggf. auf den Abschluss auch eines Pflichtteilsverzichtsvertrages hinwirken.
III. Inverzugsetzung
Rz. 68
Nach Ansicht des OLG Düsseldorf ist der den Pflichtteilsberechtigten vertretende Rechtsanwalt verpflichtet, den Erben alsbald nach Mandatserteilung in Verzug zu setzen und entsprechend zu mahnen.