Rz. 4
Voraussetzung für die Anwendung des § 2306 BGB ist, dass ein Pflichtteilsberechtigter Erbe (Alleinerbe oder Miterbe) ist. Ob sich die Erbenstellung aus einer letztwilligen Verfügung oder von Gesetzes wegen ergibt, spielt keine Rolle. Nach zutreffender Ansicht des OLG Schleswig genügt insoweit auch eine die gesetzliche Erbfolge unberührt lassende Verfügung von Todes wegen, durch die lediglich eine Belastung oder Beschwerung angeordnet wird. Die Einsetzung als Ersatz- oder Schlusserbe stellt jedoch für den "ersten" Erbfall eine Enterbung dar und genügt daher nicht (der enterbte Pflichtteilsberechtigte kann gem. § 2303 BGB seinen ordentlichen Pflichtteil geltend machen; bei Eintritt des Ersatz- bzw. Schlusserbfalls muss er sich den bereits erhaltenen Pflichtteil auf sein Erbe anrechnen lassen). Die Höhe des dem Pflichtteilsberechtigten hinterlassenen Erbteils spielt nach der aktuellen Fassung des Abs. 1 keine Rolle (mehr).
Rz. 5
Der Erbteil muss aber mit (wenigstens) einer der im Gesetz enumerativ und abschließend (eine analoge Anwendung ist ausgeschlossen) aufgezählten Beschränkungen oder Beschwerungen belastet sein. Diese müssen (und können sich nur) aus einer Verfügung von Todes wegen ergeben. Entscheidend ist dabei, dass diese den Pflichtteilsberechtigten mit dem Erbfall objektiv treffen; seine subjektiven Vorstellungen spielen indes keine Rolle. Auch auf das (rechtliche und tatsächliche) Ausmaß der Belastung kommt es nicht an.
Rz. 6
Belastungen und Beschwerungen, die sich im Zeitpunkt des Erbfalls bereits erledigt haben, treffen den Erben objektiv nicht; sie werden daher i.R.d. § 2306 BGB nicht berücksichtigt. Dies kann auch für nach dem Erbfall weggefallenen Beschränkungen gelten, wenn sie sich derart erledigen, dass die mit ihnen verbundenen Belastungen ex tunc, also von Anfang an ihre Wirkung verlieren und somit diejenige rechtliche Situation entsteht, die auch bestehen würde, wenn eine Beschränkung nie angeordnet worden wäre. Bsp. hierfür sind unwirksame Anordnungen, Auflagen, deren Gegenstand weggefallen ist, und infolge einer Ausschlagung gegenstandslos gewordene Vermächtnisse etc. Im Hinblick auf den Regelungszweck von § 2306 BGB kann ein solcher nach dem Erbfall mit Wirkung ex tunc eintretender Wegfall von Beschränkungen und Beschwerungen aber nur dann dem Ausschlagungsrecht entgegenstehen, wenn der Pflichtteilsberechtigte vom Wegfall der Beschränkungen bzw. Beschwerungen im Zeitpunkt der Ausschlagung wusste. Treten die Umstände, die zum auf den Erbfall zurückwirkenden Wegfall der Belastungen führen, erst nach der Ausschlagung ein, muss § 2306 BGB gleichwohl anwendbar bleiben. Belastungen, die sich nach dem Erbfall mit Wirkung ex nunc erledigen, haben auf die Anwendbarkeit des § 2306 BGB ebenfalls keinen Einfluss, wenn der Pflichtteilsberechtigte vor Wegfall der Belastung die Erbschaft ausgeschlagen hat. Im Einzelfall kann jedoch eine Anfechtung der Ausschlagung gem. § 2308 BGB in Betracht kommen.
Beschränkungen und Beschwerungen i.S.v. § 2306 BGB sind insbesondere: