Rz. 12
Wie bereits erwähnt, ist die Aufzählung der Beschränkungen und Beschwerungen, die dem Pflichtteilsberechtigten ein Recht zur Ausschlagung (und anschließender Pflichtteilsgeltendmachung) eröffnen, abschließend; Analogien kommen nicht in Betracht. Vor diesem Hintergrund muss der Pflichtteilsberechtigte z.B. familienrechtliche Anordnungen des Erblassers akzeptieren, eine Möglichkeit zur Ausschlagung und Pflichtteilsgeltendmachung hat er – das Fehlen anderweitiger Beschränkungen oder Beschwerungen vorausgesetzt – nicht. Dies gilt z.B. für eine Bestimmung i.S.v. § 1638 Abs. 1 BGB, der zu Folge das einem Kind hinterlassene Vermögen nicht der Verwaltung seiner Eltern unterliegen soll, sowie Bestimmungen nach §§ 1418 Abs. 2 Nr. 2 und 1486 Abs. 1 BGB. Dasselbe gilt für Anordnungen bezüglich der Vermögensverwaltung (§§ 1638, 1639 BGB).
Rz. 13
Ob auch die Pflichtteilsbeschränkung in guter Absicht nach § 2338 BGB eine Ausschlagungsmöglichkeit nach Abs. 1 eröffnet, wird zwar uneinheitlich beurteilt. Tatsächlich besteht aber auch in den Fällen des § 2338 BGB für den beschwerten Abkömmling kein Hindernis, den ihm hinterlassenen Erbteil auszuschlagen. Er kann sich hierdurch aber nur von solchen Belastungen befreien, die über das von § 2338 BGB vorgesehene Maß hinausgehen. Die durch die Pflichtteilsbeschränkung in guter Absicht gerechtfertigten Beschränkungen und Beschwerungen bleiben jedoch auch im Hinblick auf den nach Ausschlagung geltend zu machenden Pflichtteilsanspruch bestehen.
Rz. 14
Anders ist die Lage aber dann, wenn der Erblasser, der den Pflichtteilsberechtigten belastende Beschwerungen und Beschränkungen angeordnet hat, zur Entziehung des Pflichtteils nach § 2333 BGB berechtigt gewesen wäre. Die Belastung der Erbschaft stellt nämlich gegenüber der vollständigen Pflichtteilsentziehung das mildere Mittel dar und ist daher vom Pflichtteilsberechtigten hinzunehmen.
Rz. 15
Schließt der Erblasser gem. §§ 1638, 1639 BGB die gesetzlichen Vertreter eines Minderjährigen von der Verwaltung des ererbten Vermögens aus, stellt dies allein noch keine Beschränkung dar. Werden in diesem Zusammenhang aber weitergehende Bestimmungen getroffen, z.B. eine Person benannt, die für die Verwaltung verantwortlich sein soll, kann hierin die Anordnung einer Testamentsvollstreckung liegen, die ihrerseits ggf. zur Anwendung des § 2306 BGB führt.
Rz. 16
Keine Beschränkung oder Beschwerung ist in der ersatzweisen Erbeinsetzung eines Dritten zu sehen, da die Rechtstellung des – eigentlichen – Erben hierdurch nicht beeinträchtigt wird.
Rz. 17
Setzen sich Ehegatten in einem "Berliner Testament" gegenseitig zu Vollerben ein (sog. Einheitslösung) und bestimmen die Abkömmlinge zu Schlusserben nach dem Tod des Längstlebenden, sind die Abkömmlinge für den ersten Todesfall enterbt. § 2306 BGB ist in dieser Konstellation nicht anwendbar. Die Abkömmlinge können aber nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils ohne Weiteres ihren Pflichtteil nach § 2303 BGB fordern.
Rz. 18
Die Bestimmung, Streitigkeiten in Bezug auf den Nachlass seien vor einem Schiedsgericht (§ 1066 ZPO) auszutragen (Schiedsgerichtsklausel), wird teilweise als Auflage angesehen. Im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber die Schiedsgerichtsbarkeit als eine gleichwertige, privatautonome Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit ansieht, soweit sie die Gewähr für eine unabhängige und unparteiliche Rspr. bietet, kann von einer Belastung des Erben in diesem Zusammenhang aber wohl nicht gesprochen werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Schiedsgerichtsanordnung die Gewähr dafür bietet, dass der Streit unparteilich und unabhängig entschieden wird. Ist demgegenüber eine Entscheidung des Schiedsgerichts nach billigem Ermessen (§ 1051 Abs. 3 ZPO) vorgesehen, muss von einer belastenden Beschwerung, die auch das Recht zur Ausschlagung eröffnet, ausgegangen werden.
Rz. 19
Allerdings ist die Einordnung einer testamentarisch angeordneten Schiedsklausel als erbrechtliche Auflage unzutreffend, dies insbesondere deshalb, weil die Auflage nur dem Vollziehungsberechtigten einen Erfüllungsanspruch gewährt. Die Schiedsgerichtsanordnung würde also leerlaufen, wenn einer der Nachlassbeteiligten einen anderen, der nicht als Vollziehungsberechtigter anzusehen wäre, vor einem ordentlichen Gericht verklagte. Denn der Vollziehungsberechtigte wäre hier nicht Prozesspartei, der Beklagte aber könnte sich nicht auf die Schiedsgerichtsanordnung berufen.
Im Übrigen werden Schiedsklauseln, die auch die Auseinandersetzung über Pflichtteilsansprüche einem Schiedsgericht unterwerfen, überwiegend für grundsätzlich unzulässig gehalten, weil sie die Grenzen der Testierfreiheit sprengen.
Rz. 20
Ob die Cautela Socini in den Anwendungsbereich von § 2306 Abs. 1 fällt, ist umstritten. In ihrer ursprünglichen Form bedeutet sie eine zweifache Erbeinsetzung mit der Maßgabe, dass für den Fall (also unter der Bedingung) der Ausschlagung des einen (beschr...