I. Grundsätzliches
Rz. 3
Die Anwendung von Abs. 1 setzt voraus, dass dem Pflichtteilsberechtigten ein belasteter Erbteil i.S.v. § 2306 Abs. 1 BGB oder ein belastetes Vermächtnis hinterlassen war, den/das er ausgeschlagen hat. Nach Abs. 2 gelten die Regelungen über die Anfechtung der Erbteilsausschlagung im Falle der Ausschlagung eines belasteten Vermächtnisses entsprechend. Lediglich hinsichtlich der Anfechtungserklärung gelten Besonderheiten, da diese gem. Abs. 2 S. 2 nicht gegenüber dem Nachlassgericht, sondern gegenüber dem Beschwerten zu erfolgen hat.
II. Objektives Bestehen der Belastung im Zeitpunkt des Erbfalls
Rz. 4
Sowohl die Ausschlagung des belasteten Erbteils als auch die des belasteten Vermächtnisses setzt voraus, dass ursprünglich, also zur Zeit des Erbfalls, Beschränkungen und Beschwerungen des Zugewendeten objektiv bestanden haben. Eine entsprechende irrige Annahme des Pflichtteilsberechtigten reicht nicht aus. Weiterhin müssen diese Belastungen im Zeitpunkt der Ausschlagung – wenigstens teilweise (der Wegfall einer von mehreren Belastungen genügt!) – weggefallen sein. Ein Wegfall der Beschränkungen bzw. Beschwerungen nach erfolgter Ausschlagung rechtfertigt die Anfechtung aber nicht. Gleiches gilt auch, wenn der Pflichtteilsberechtigte (nur) über die rechtliche Tragweite bzw. den Umfang der angeordneten Belastungen oder über deren wirtschaftliche Auswirkungen im Irrtum war. Das gilt erst recht für nach der Ausschlagung mit Wirkung ex nunc wegfallende Beschwerungen und Beschränkungen.
Rz. 5
Umstritten ist, ob auch ein nach der Ausschlagung, aber mit Rückwirkung auf den Erbfall (ex tunc) eintretender Wegfall von Belastungen die Anfechtung rechtfertigen kann. Während der BGH dem Pflichtteilsberechtigten die Anfechtung gem. § 2308 BGB zubilligt, um ihm auf diese Weise das wirtschaftlich günstigste Ergebnis zu sichern, lehnt die h.M. in der Lit. die Anfechtbarkeit zu Recht ab. Im Zeitpunkt der Ausschlagung liegt keine Fehlvorstellung vor, der Pflichtteilsberechtigte ist insoweit also nicht schutzwürdig. Die Ansicht des BGH würde hingegen zu dem uferlosen Ergebnis führen, dass der Pflichtteilsberechtigte immer dann, wenn er die Chance für einen nachträglichen Wegfall der Belastung falsch eingeschätzt hat, zur Anfechtung berechtigt wäre.
III. Fehlende Kenntnis vom Wegfall der Belastung
Rz. 6
Weitere Voraussetzung für eine Anfechtung der Ausschlagung ist, dass der Pflichtteilsberechtigte bei Erklärung der Ausschlagung keine Kenntnis vom Wegfall der Belastung des ihm Zugewandten hatte. Auf die Ursache der Unkenntnis kommt es nicht an. Auch Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit schaden insoweit nicht. Ob der Irrtum für die Ausschlagung ursächlich gewesen sein muss, ist umstritten. Der Wortlaut der Vorschrift ist insoweit unklar, könnte jedoch darauf hindeuten, dass ein innerer Zusammenhang zwischen Irrtum und Ausschlagung nicht erforderlich sei. Da aber § 2308 BGB seiner Rechtsnatur nach ein Anfechtungsrecht, §§ 119 ff. BGB, darstellt, kann dem Sinn und Zweck der Vorschrift entsprechend auf eine kausale Verknüpfung zwischen der Anfechtung und der ihr zugrunde liegenden Fehlvorstellung nicht verzichtet werden.
IV. Anfechtung der Vermächtnisausschlagung
Rz. 7
Abs. 2 beschäftigt sich mit der Möglichkeit der Anfechtung der Ausschlagung eines Vermächtnisses. Die Vorschrift gilt allerdings ausschließlich ...