Gesetzestext
1Bei der Feststellung des für die Berechnung des Pflichtteils maßgebenden Erbteils werden diejenigen mitgezählt, welche durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge ausgeschlossen sind oder die Erbschaft ausgeschlagen haben oder für erbunwürdig erklärt sind. 2Wer durch Erbverzicht von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist, wird nicht mitgezählt.
A. Allgemeines
Rz. 1
Gem. § 2303 Abs. 1 S. 2 BGB besteht der Pflichtteil in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Die Art und Weise der Berechnung ist in §§ 2310–2316 BGB geregelt. Grundsätzlich richtet sich der Pflichtteil nach der sich entsprechend den Regeln der gesetzlichen Erbfolge, §§ 1924 ff. BGB, ergebenden Erbquote. Auch § 2310 BGB ändert an den allg. erbrechtlichen Grundsätzen nichts. Der Gesetzgeber stellt jedoch in S. 1 klar, dass anstatt der konkreten Erbquote (zwingend) eine abstrakte Quote maßgeblich sein soll, so als ob die gesetzliche Erbfolge eingetreten wäre.
Rz. 2
Bei der Bestimmung dieser abstrakten Erbquote ist jeder gesetzliche Erbanwärter mitzuzählen, der nicht bereits vor dem Tod des Erblassers einen Erbverzicht erklärt hat. Enterbung, Ausschlagung und Erbunwürdigkeitserklärung wirken sich auf die Quotenberechnung nicht aus.
Rz. 3
Dies hat zur Folge, dass der (spätere) Wegfall eines Pflichtteilsberechtigten den Anspruch der übrigen nicht erhöht, sondern stattdessen den Erben entlastet. Außerdem wird auf diese Weise sichergestellt, dass die Höhe der jeweiligen Pflichtteilsansprüche sowohl den Dispositionen des Erblassers als auch des bzw. der Erben bzw. anderen Pflichtteilsberechtigten entzogen ist.
Rz. 4
Einfluss auf die Quotenberechnung hat allein der Erbverzicht, S. 2. Er wirkt sich für die übrigen Pflichtteilsberechtigten quotenerhöhend aus. Dem liegt die Überlegung des Gesetzgebers zu Grunde, dass ein Erbverzicht nur in Ausnahmefällen nicht gegen Abfindung erklärt wird. Die Abfindung führt aber ohnehin bereits zu einer Schmälerung des Nachlasses und daher – mittelbar – zu einer Reduzierung der Pflichtteilsansprüche. Würde nun der Verzichtende bei der Berechnung mitgezählt, könnte es auf diese Weise zu einer doppelten Benachteiligung des Pflichtteilsberechtigten kommen. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Quotenverschiebung nicht von der Frage, ob tatsächlich eine Abfindung gezahlt wurde, oder von deren konkreter Höhe abhängig zu machen, dient in erster Linie der Vereinfachung des Berechnungsverfahrens.
B. Tatbestand/Rechtsfolgen
I. Regelung des S. 1
Rz. 5
Bei der Ermittlung der Pflichtteilsquote mitzuzählen sind diejenigen (alle gesetzlichen Erben), die durch Enterbung, Ausschlagung der Erbschaft oder Erbunwürdigkeitserklärung von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen sind. Ob sie im konkreten Fall selbst das Recht haben, den Pflichtteil geltend zu machen, ist insoweit nicht relevant. Demzufolge spielt es auch keine Rolle, ob der als gesetzlicher Erbe Weggefallene überhaupt zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen gehört, ob er für pflichtteilsunwürdig erklärt wurde oder ob ihm der Pflichtteil wirksam entzogen ist.
Rz. 6
Ausschluss von der gesetzlichen Erbfolge setzt in jedem Fall eine Enterbung durch letztwillige Verfügung voraus. Eine wirtschaftliche Aushöhlung der Erbschaft, z.B. durch Vermächtnisse und/oder Auflagen, genügt nicht.
Als Enterbung kommt sowohl ein entsprechendes Negativ-Testament, durch das der Betroffene von der gesetzlichen Erbfolge ausdrücklich ausgeschlossen wird, als auch eine den Nachlass erschöpfende Erbeinsetzung anderer Personen in Betracht. Ein etwaiger Pflichtteilsverzicht des Enterbten ist hier ohne Bedeutung.