Rz. 180
Da es im Rahmen pflichtteilsrechtlicher Überlegungen nur um einen objektivierten Unternehmenswert gehen kann, muss die Bewertung unter der Voraussetzung finanzieller Ziele erfolgen. Die Bewertung kann dessen ungeachtet unter Zugrundelegung verschiedener Methoden erfolgen. Diese lassen sich systematisch in vier Bewertungsansätze aufgliedern: Gesamtbewertungsverfahren, Einzelbewertungsverfahren, Mischverfahren und Überschlagsrechnungen.
Rz. 181
Bei den Gesamtbewertungsverfahren wird das zu bewertende Unternehmen grundsätzlich als eine Bewertungseinheit angesehen. Der Wert wird dabei aus den zukünftig erwarteten finanziellen Überschüssen ermittelt, die auf den Bewertungsstichtag zu diskontieren sind. Klassische Gesamtbewertungsverfahren sind die auch vom Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) favorisierten Methoden, nämlich das Ertragswertverfahren sowie die Discounted Cash flow Method (DCF).
Rz. 182
Bei den Einzelbewertungsverfahren wird der Unternehmenswert aus der Summe der Werte der Einzelbestandteile des zu bewertenden Unternehmens ermittelt. Hierunter fallen insbesondere die Substanzwertmethode sowie die Liquidationswertbestimmung. Die sog. Mischverfahren führen sowohl Elemente der Gesamt- als auch der Einzelbewertungsverfahren zusammen. Sie basieren im Regelfall auf dem Substanzwert, der aber um Ertragswert-Elemente erweitert wird. Zu den Mischverfahren gehören z.B. das bis Ende 2008 für die erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Bewertung von nicht notierten Kapitalgesellschaftsanteilen maßgebliche Stuttgarter Verfahren und ebenso die sog. Mittelwertverfahren.
Rz. 183
Die sog. Vergleichsverfahren basieren auf empirisch erhobenen Marktdaten. In diese Kategorie fallen beispielsweise die Überschlagsrechnungen, bei denen der Unternehmenswertbestimmung die Marktpreise in der Vergangenheit gehandelter Beteiligungen an dem zu bewertenden Unternehmen oder an vergleichbaren Unternehmen zugrunde gelegt werden. Eine der in der Praxis am weitesten verbreiteten Erscheinungsformen der Überschlagsrechnungen sind die Multiplikatorverfahren, die in der M&A-Praxis und gerade auch bei Transaktionen unter Beteiligung von Finanzinvestoren üblich sind.
Rz. 184
Trotz der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Bewertungsansätze ist ein unter allen Gesichtspunkten zutreffender objektiv feststellbarer Unternehmenswert praktisch nicht ermittelbar. Allenfalls kann ein von einem redlichen und sachverständigen Bewerter ermittelter Unternehmenswert bzw. das Bewertungsergebnis als "wirklicher" Unternehmenswert angesehen werden.