Rz. 60
Der BGH umschreibt das pflichtteilsrechtliche Bewertungsziel in mittlerweile als "ständig" zu bezeichnender Rechtsprechung wie folgt: "Der Pflichtteilsberechtigte ist wirtschaftlich so zu stellen, als sei der Nachlass beim Tod des Erblassers in Geld umgesetzt worden."
Dabei bezeichnet der IV. Senat diese Aussage als Grundgedanken des Gesetzes und bezieht sich insoweit auf ein Urteil v. 30.9.1954. Dort ist von einem Umsetzen des Nachlasses in Geld jedoch bezeichnenderweise gar keine Rede. Vielmehr beschränkte sich das Gericht seinerzeit auf die Aussage, "dass bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs dem Berechtigten wirtschaftlich der Teil des Nachlasses zukommen soll, der der Hälfte seines gesetzlichen Erbteils gleichsteht".
Das bestätigte der BGH auch in späteren Entscheidungen; Gleiches gilt für das BVerfG.
Weiter führte der IV. Senat 1954 aus, dass "für Nachlassaktiven (Sachen und sonstige Rechte) … in der Regel der Verkehrswert maßgebend sein" wird, aber auch dies "nicht ausnahmslos".
Rz. 61
Dementsprechend stellte der BGH in der Folgezeit mitunter auch auf den "inneren" oder den "wahren" Wert ab. Die "Denkfigur" des "wahren inneren Werts" dient dazu, bei Vorliegen außergewöhnlicher Preisverhältnisse und Ausnahmebedingungen unangemessene Ergebnisse zu vermeiden. Eine Herabsetzung eines festgestellten Verkaufswerts auf einen darunterliegenden fiktiven "inneren" Wert zum Nachteil von Pflichtteilsberechtigten komme jedoch nicht in Betracht.
Rz. 62
Dessen ungeachtet sind nach Ansicht der Rechtsprechung grundsätzlich bevorzugt zeitnah zum Erbfall (vgl. hierzu Rdn 90 ff.) erzielte tatsächliche Verkaufspreise der Bewertung zugrunde zu legen, soweit nicht außergewöhnliche Umstände vorliegen, die diese als nicht "repräsentativ" erscheinen lassen.