aa) Bewertungsansatz
Rz. 192
Die Vorgaben des IDW zur ordnungsgemäßen Durchführung ertragswertorientierter Unternehmensbewertungen sind nicht allein auf die Ermittlung von Stichtagswerten zugeschnitten. Vielmehr wird zwischen verschiedenen Bewertungsanlässen und verschiedenen Bewertungsperspektiven unterschieden. So ist etwa die Berücksichtigung sog. echter Synergieeffekte nur aus der Sicht eines konkreten Erwerbers sinnvoll, weil nur unter Einbeziehung der bei diesem vorhandenen betrieblichen bzw. unternehmerischen Gegebenheiten die Existenz bzw. die Auswirkung von Synergieeffekten beurteilt werden kann. Die nachfolgende Darstellung beschränkt sich vor diesem Hintergrund auf die Aspekte, die – nach IDW S 1 – die Ermittlung objektivierter Stichtagswerte betreffen, wobei auf eine detaillierte Darstellung des Verfahrens verzichtet wird. Die vom IDW aufgestellten Grundsätze sind allgemein akzeptiert und können auch als gerichtsfest angesehen werden.
Nach überwiegender Ansicht in der Betriebswirtschaftslehre sowie nach den berufsständischen Empfehlungen der Wirtschaftsprüfer ist das Ertragswertverfahren (neben der im angloamerikanischen Raum stärker verbreiteten DCF-Methode) derzeit die im Regelfall maßgebliche Bewertungsmethode.
Rz. 193
Bei Anwendung des Ertragswertverfahrens wird der Unternehmenswert durch Diskontierung der den Unternehmenseignern zukünftig zufließenden finanziellen Überschüsse ermittelt. Diese werden grundsätzlich aus den erwarteten, zukünftigen handelsrechtlichen Erfolgen des Unternehmens abgeleitet. Ausgangspunkt der Bewertung sind die den Unternehmenseignern zufließenden Einnahmen/Ausschüttungen.
Rz. 194
Diesem Ansatz liegt die Überlegung zugrunde, dass ein Unternehmen nur so viel wert sein kann, wie sich in der Zukunft an Erträgen aus ihm erwirtschaften lässt. Der "wirkliche" Wert entspricht nach dieser Methode also dem zu erwartenden Zukunftserfolg. Somit kann – jedenfalls theoretisch – der richtige Unternehmenswert als Barwert aller zukünftig erzielbaren, auf den Bewertungsstichtag abgezinsten Unternehmenserfolge (= Einnahmeüberschüsse) ausgedrückt werden.
bb) Bewertungsgrundsätze
(1) Wirtschaftliche Unternehmenseinheit als Bewertungsobjekt
Rz. 195
Bei einem (funktionierenden) Unternehmen handelt es sich nicht nur um eine willkürliche Ansammlung von Vermögensgegenständen und Schulden. Vielmehr lässt erst die zweckgerichtete Kombination von materiellen und immateriellen Werten einen "lebenden" Organismus entstehen, der geeignet ist, durch das Zusammenwirken aller seiner Bestandteile finanzielle Überschüsse zu erwirtschaften. Vor diesem Hintergrund wird klar, dass der Wert eines Unternehmens nicht durch die Summe der Werte der einzelnen Bestandteile des Vermögens und der Schulden bestimmt wird, sondern durch das Zusammenwirken all dieser Werte. Im Rahmen der Bewertung ist es daher von entscheidender Bedeutung, alle an der Erwirtschaftung des Unternehmenserfolgs beteiligten Faktoren zu erfassen und in die Analyse mit einzubeziehen. Die Frage, ob und inwieweit die auf dieser Grundlage vorgenommene Abgrenzung mit den formaljuristischen Gegebenheiten übereinstimmt, ist in diesem Zusammenhang von untergeordneter Bedeutung. Das Bewertungsobjekt muss nach wirtschaftlichen Kriterien definiert werden.
(2) Stichtagsprinzip
Rz. 196
Unternehmenswerte sind grundsätzlich zeitpunktbezogen. Der Bewertungsstichtag determiniert, welche finanziellen Übe...