Rz. 4
Außer Ansatz bleiben nach § 2313 BGB solche Rechte und Verbindlichkeiten, die (am Stichtag noch) aufschiebend bedingt sind. Unter aufschiebender Bedingung sind insoweit zum einen rechtsgeschäftliche, zum anderen aber auch echte Rechtsbedingungen zu verstehen. Letztere sind dadurch gekennzeichnet, dass bis zu ihrem Eintritt ein oder mehrere zur Entstehung des Rechts/der Verbindlichkeit erforderliche Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt sind. Der Grad der Wahrscheinlichkeit des Bedingungseintritts ist unbeachtlich. Dies gilt für jegliche Art von Vermögensgegenständen und Schulden gleichermaßen.
Vor diesem Hintergrund kann als aufschiebend bedingte Verbindlichkeit beispielsweise auch eine durch den Tod des Erblassers ausgelöste Rück-, Weiterleitungs- oder Herausgabeverpflichtung im Hinblick auf ein dem Erblasser zugewendetes Geschenk in Betracht kommen. Denn die Rückforderungsmöglichkeit aufgrund des zu Lebzeiten des Erblassers begründeten Schenkungsvertrages ist im Zeitpunkt des Erbfalls (noch) bedingt. Erst wenn der Schenker das ihm zustehende Recht ausübt, tritt die Bedingung ein.
Anders ist die Rechtslage aber bei Vereinbarung einer auflösenden Bedingung für den Fall des Versterbens des Beschenkten, da hier die Rückgabe- oder Weiterleitungsverpflichtung unmittelbar mit dem Erbfall entsteht und von keiner weiteren Bedingung abhängig ist.
Rz. 5
Nicht angesetzt werden auch ungewisse oder unsichere Rechte. Darunter sind solche Rechte zu verstehen, deren grundsätzlicher Bestand zweifelhaft ist oder bei denen Zweifel bestehen, dass tatsächlich der Erblasser der Inhaber eines etwaigen Anspruchs war. Das gilt z.B. auch bei anfechtbaren oder schwebend unwirksamen Geschäften und den hieraus resultierenden Rechten bzw. Pflichten. Eine Unsicherheit i.d.S. ist auch anzunehmen, wenn die tatsächliche oder wirtschaftliche Verwertbarkeit zweifelhaft ist.
Hierzu gehören z.B. Steuererstattungsansprüche oder Nachzahlungsverpflichtungen des Erblassers (insbesondere für das Todesjahr), die zu Lebzeiten noch nicht durch Bescheid festgesetzt wurden. Gleiches gilt auch für Ansprüche nach dem Vermögensgesetz, die im Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht festgestellt sind.
Als ungewiss kann sich im Einzelfall auch das Eigentum an (anscheinend zum Nachlass gehörenden) Kunstgegenständen erweisen, wenn deren Herkunft und die Art und Weise des (Eigentums-)Erwerbs unklar sind (Stichwort: "Beutekunst"). Die Frage der Authentizität bestimmter (eindeutig zum Nachlass gehörender) Werke hat mit § 2313 BGB allerdings nichts zu tun; insoweit geht es allein um die Bewertung (§ 2311 BGB) bzw. wertbildende Faktoren.
Rz. 6
Schließlich sind hier beispielhaft auch etwaige Sanierungspflichten für mit Altlasten belastete Grundstücke zu nennen, soweit die Pflicht noch nicht im Verwaltungsverfahren festgestellt wurde. Insoweit normiert § 4 Abs. 3 BBodSchG zwar eine grundsätzliche Sanierungsverpflichtung des Grundstückseigentümers als sog. Zustandsstörer, aufgrund derer es diesem obliegt, den Boden "so zu sanieren, dass dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen". Ob eine derartige, eine Sanierungspflicht auslösende Bodenbelastung tatsächlich vorliegt, regelt das Gesetz aber logischerweise nicht. Ob diese vorliegt, ist also zunächst (bis zur Feststellung im Verwaltungsverfahren) ungewiss.
Rz. 7
Unsicher i.d.S. sind auch anfechtbare und schwebend unwirksame Rechte, ebenso Forderungen gegen einen zahlungsunfähigen Schuldner. Letzteres gilt insbesondere dann, wenn dieser bereits die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat oder Vollstreckungsversuche gegen ihn bereits fruchtlos verlaufen sind.
Ein dem Erblasser zustehendes Nacherbenanwartschaftsrecht ist nach h.M. als unsicher anzusehen. Begründet wird dies mit dem Argument, dass die tatsächliche und wirtschaftliche Verwertbarkeit des Anwartschaftsrechts trotz der prinzipiell bestehenden Abtretbarkeit als zweifelhaft angesehen werden müsse. Etwas anderes solle nur dann gelten, wenn es sich um leicht überschaubare Nachlässe handle und der Nacherbfall alsbald zu erwarten sei.Haas will die Nacherbschaft hingegen als aufschiebend bedingtes Recht behandelt wissen, weil die Nacherbschaft dem Nacherben nur unter der Bedingung anfällt, dass er den Vorerben überlebt. Am Ergebnis ändern die teilweise unterschiedlichen rechtlichen Einordnungen aber nichts.
Nicht zweifelhaft sind hingegen Forderungen gegen einen am Nachlass beteiligten Miterben, die durch dasjenige gedeckt sind, was der Schuldner selbst aus dem Nachlass erhält.
Rz. 8
Soweit die Inanspruchnahme noch zweifelhaft ist, sind auch Garantieversprechen, Bürgschaftsverpflichtungen, Verpfändungen oder für fremde Schulden bestellte Grundpfandrechte als unsicher anzusehen. Folgerichtig können auch insoweit etwa be- oder entstehende Ausgleichungsansprüche bei den anzusetzenden Vermögensgegenständen nicht ber...