I. Pflichtteilsberechtigter Nichterbe
Rz. 2
Dem Wortlaut nach setzt § 2314 BGB voraus, dass der Anspruchsberechtigte pflichtteilsberechtigter Nichterbe i.S.d. §§ 2303, 2309 BGB ist. Somit sind auskunftsberechtigt auf jeden Fall enterbte Abkömmlinge des Erblassers, ebenso der enterbte Ehegatte oder gleichgeschlechtliche Lebenspartner und der enterbte Elternteil, soweit Erben erster Ordnung ihn nicht vom Pflichtteil ausschließen. Aber auch solche zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehörenden Erben, die unzureichend eingesetzt wurden (§ 2305 BGB) oder den ihnen hinterlassenen Erbteil – ohne Verlust des Pflichtteilsrechts – ausgeschlagen haben (§ 2306 Abs. 1 BGB), sind auskunftsberechtigt, ebenso der nicht zum Erben berufene Vermächtnisnehmer i.S.d. § 2307 BGB. Bei Letztgenanntem spielt es insoweit keine Rolle, ob er das Vermächtnis annimmt oder ausschlägt, ebenso wenig ob der Wert des Vermächtnisses den Pflichtteil unter- oder überschreitet, denn er ist auf jeden Fall pflichtteilsberechtigter Nichterbe und daher zur Durchsetzung etwaiger Pflichtteilsansprüche bzw. die Ausübung seines Wahlrechts auf die Auskunft etc. angewiesen. Ebenfalls zum Kreis der Nichterben gehört regelmäßig der geschiedene Ehegatte. Auch wenn er natürlich nicht pflichtteilsberechtigt ist, steht ihm gem. §§ 1386b, 2314 BGB analog ein Auskunftsanspruch zu, wenn er gegenüber dem Erblasser unterhaltsberechtigt war.
II. Pflichtteilsberechtigter Erbe oder Nacherbe
Rz. 3
Vom Wortlaut der Vorschrift her ist klar, dass ein Auskunftsanspruch zugunsten des Erben grundsätzlich nicht besteht. Der Gesetzgeber hat sich insoweit von der Vorstellung leiten lassen, dass der Erbe (auch der Miterbe) als Gesamtrechtsnachfolger auf eigenständige Auskunftsansprüche nicht angewiesen sei (Informationsrechte des Erben ergeben sich insbesondere aus §§ 2027, 2028, 2038, 2057 sowie §§ 666, 668 BGB). Hieraus folgerte auch die Rspr. ursprünglich, dass dem pflichtteilsberechtigten Erben ein Auskunftsanspruch nicht zustehen könne. Die ausschließliche Orientierung am Wortlaut des § 2314 BGB wird aber bestimmten Sondersituationen, in denen auch der Miterbe durch ähnliche Wissensdefizite an der erfolgreichen Geltendmachung seiner Ansprüche gehindert wird wie der pflichtteilsberechtigte Nichterbe, nicht gerecht. Hat der Erblasser bspw. zu seinen Lebzeiten den Großteil seines Vermögens auf eine Person übertragen, die später gemeinsam mit den pflichtteilsberechtigten Abkömmlingen Erbe wird, greifen die dem Miterben typischerweise zukommenden Informationsrechte nicht durch, so dass die Pflichtteilsberechtigten praktisch keine Möglichkeit hätten, Art und Umfang der lebzeitigen Zuwendungen in Erfahrung zu bringen, wenn im Nachlass keine hierüber Aufschluss gebenden Dokumente vorhanden sind. Vor diesem Hintergrund hat sich mittlerweile sowohl in der Lit. als auch in der Rspr. die Einsicht durchgesetzt, dass in Fällen der beschriebenen Art auch dem pflichtteilsberechtigten Erben ein Auskunftsanspruch zustehen muss. Umstritten ist allerdings dessen Rechtsgrundlage: während Teile des Schrifttums eine entsprechende Anwendung von § 2314 BGB befürworten, löst die Rspr. – und mit ihr Teile der Literatur – das Problem überwiegend durch Anwendung der Grundsätze des § 242 BGB. Demnach ist ein Auskunfts- und Wertermittlungsanspruch nach Treu und Glauben immer dann anzunehmen, wenn "der Berechtigte entschuldbar über das Bestehen und den Umfang des Rechts im Unklaren und deshalb auf die Auskunft des Verpflichteten angewiesen ist, der durch sie nicht unbillig belastet wird".
Rz. 4
Unterschiede zwischen beiden Ansätzen ergeben sich sowohl hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen als auch hinsichtlich des konkreten Anspruchsinhalts und nicht zuletzt bezüglich der Kostentragungspflicht. Auch wenn der h.M. zuzugeben ist, dass sie sich am klaren Wortlaut des Gesetzes orientiert, wird sie der eigentlichen Zielsetzung des Pflichtteilsrechts nicht vollständig gerecht. Die Mindestteilhabe des Pflichtteilsberechtigten am Vermögen des Erblassers wird nämlich grundsätzlich dadurch gewährleistet, dass der Berechtigte Anspruch auf die ...