I. Geltendmachung der Ansprüche aus § 2314 BGB
Rz. 70
Der Pflichtteilsberechtigte kann die ihm aus § 2314 BGB zustehenden Ansprüche im Falle der Weigerung des Erben gerichtlich geltend machen und Auskunftsklage (Leistungsklage) erheben. Der Antrag auf Wertermittlung muss die Nachlassgegenstände, deren Wert durch Gutachten festgestellt werden soll, genau bezeichnen. Der Kläger (Pflichtteilsberechtigte) hat zu beweisen, dass er zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen gehört (nicht das Bestehen eines konkreten Pflichtteilsanspruchs). Gegenstand des Verfahrens ist im Falle der reinen Auskunftsklage jeweils der isolierte Anspruch aus § 2314 BGB. Sinnvoller ist es jedoch zumeist, dass der Pflichtteilsberechtigte seine Ansprüche im Wege der Stufenklage, § 254 ZPO, verfolgt. Hierbei handelt es sich um einen Fall der objektiven Klagehäufung. I.d.R. werden drei oder vier Stufen unterschieden:
Rz. 71
In der ersten Stufe begehrt der Pflichtteilsberechtigte Auskunft über den Bestand und die Zusammensetzung des Nachlasses. Die zweite Stufe beinhaltet den bedingten Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (§ 260 Abs. 2 BGB), die dritte den auf Vorlage der für die Wertermittlung erforderlichen Informationen und Unterlagen bzw. die Wertermittlung selbst auf Kosten des Nachlasses. In der vierten Stufe wird auf Zahlung des sich auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse ergebenden Pflichtteils geklagt. Über die einzelnen Stufen wird gem. § 128 Abs. 1 ZPO jeweils gesondert verhandelt und durch Teilurteil entschieden (§ 301 ZPO). Vorteil der Stufenklage ist, dass im Zeitpunkt der Klageerhebung noch kein bezifferter Zahlungsantrag gestellt werden muss, der Anspruch in der sich später ergebenden Höhe aber dennoch sofort rechtshängig wird, so dass die Verjährung – auch der Ansprüche nach § 2314 BGB – gehemmt wird. Erkennt der Pflichtteilsschuldner den in der ersten Stufe geltend gemachten Auskunftsanspruch sofort an, hat der Pflichtteilsberechtigte ihm die Kosten einer Auskunftsklage zu erstatten.
Rz. 72
Da es sich bei jeder Art von Auskunftserteilung um eine unvertretbare Handlung handelt, erfolgt die Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO. Auch die Vorlage eines Gutachtens muss erzwungen werden, eine Ersatzvornahme kommt nicht in Betracht.
II. Kosten
Rz. 73
Für den Streitwert ist bei der Stufenklage – sowohl für die Gerichts- als auch für die Anwaltsgebühren – regelmäßig der Wert des Leistungsanspruchs (also der höchste in Betracht kommende Wert) maßgeblich. Im Regelfall kann bei Klageerhebung der Streitwert nur nach § 3 ZPO geschätzt werden. Dabei kommt es zunächst auf den Wert des Auskunftsinteresses des Klägers an. Kann bereits ein Teilleistungsanspruch beziffert werden, ist dieser der Streitwertbemessung zugrunde zu legen und zusätzlich der Wert des Auskunftsinteresses nach § 3 ZPO zu schätzen. Wenn der Zahlungsanspruch endgültig feststeht, bildet dieser nach § 18 GKG die Grundlage der Streitwertfestsetzung.
Rz. 74
Wird dem Kläger für die Durchführung einer Stufenklage vorbehaltlos Prozesskostenhilfe gewährt, bezieht sich dies im Zweifel auf sämtliche Stufen des Verfahrens. Beim Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten ist aber zu unterscheiden, ob dieser den Anspruchsgrund (dann Gewährung für alle Stufen) oder ob er lediglich die Anspruchshöhe bestreiten will. Im letzteren Fall besteht für die Stufen der Auskunftserteilung und Wertermittlung kein PKH-Anspruch. Dem Erben ist in diesem Fall zuzumuten, mit seiner Verteidigung bis zur Bezifferung des Zahlungsantrags abzuwarten. Dann ist zu prüfen, ob der Zahlungsanspruch nicht bereits nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten besteht. Wegen weiterer Einzelheiten vgl. Kommentierung zu § 2303 Rdn 49 ff..