1. Grundsätzliches
Rz. 23
§ 2314 BGB gibt dem Berechtigten nicht nur einen, sondern vielmehr eine ganze Auswahl von nebeneinander bestehenden Ansprüchen an die Hand, durch deren Geltendmachung er nacheinander in immer wieder steigender Intensität seine Informationsrechte einfordern kann. Auch wenn sich grundsätzlich die Form der Auskunft nach § 260 BGB richtet, da der Nachlass einen Inbegriff von Sachen darstellt, besteht i.R.d. § 2314 BGB die Besonderheit, dass der Pflichtteilsberechtigte seine Zuziehung bei der Aufnahme des Verzeichnisses verlangen kann. Außerdem hat er die Möglichkeit, neben einem privaten Verzeichnis auch ein behördlich bzw. notariell aufgenommenes Verzeichnis zu verlangen. Bestehen Zweifel daran, dass der Verpflichtete die Auskunft wahrheitsgemäß und vollständig bzw. mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt hat, kann auch (sozusagen als letztes Druckmittel) die Abgabe einer Versicherung an Eides Statt verlangt werden.
2. Privates Bestandsverzeichnis
a) Grundsätzliches
Rz. 24
Eine bestimmte Form ist für das Nachlassverzeichnis i.S.d. Abs. 1 S. 1 nicht vorgeschrieben. Da es aber dem Pflichtteilsberechtigten als Grundlage für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs dienen soll (insoweit unterscheidet es sich vom Nachlassinventar, das in erster Linie dazu dient, Nachlassgläubigern die günstigste Vollstreckungsmöglichkeit aufzuzeigen), muss es alle tatsächlich vorhandenen und – soweit das Auskunftsverlangen sich auch auf diese bezog – die fiktiven Nachlassgegenstände und Schulden einzeln und übersichtlich ausweisen. Wenn seit dem Erbfall schon einige Zeit vergangen ist und die Nachlassgegenstände bereits im Wesentlichen veräußert oder unter den Erben aufgeteilt wurden, steht dies dem Auskunftsanspruch nicht entgegen.
Das Verzeichnis muss nach § 260 BGB schriftlich vorgelegt werden. Es muss neben dem eigentlichen Nachlassbestand auch die übrigen nach § 2314 BGB geschuldeten Angaben enthalten. Bei Schenkungen ist das jeweilige Datum der Schenkung anzugeben. Seinen Zweck kann es darüber hinaus nur erfüllen, wenn die einzelnen Gegenstände konkret bezeichnet bzw. individualisiert, einzeln verzeichnet und die Darstellung insgesamt übersichtlich ist. Aus diesem Grunde sind vor allem Aktiva und Passiva getrennt voneinander auszuweisen und die Angaben zum Nachlassbestand von den rechtlichen Ausführungen zu trennen. Allerdings hat der Pflichtteilsberechtigte keinen Anspruch auf die Vorlage eines Gesamtverzeichnisses. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Erbe mehrere Teilverzeichnisse vorlegt, wenn er dadurch insgesamt alle geschuldeten Informationen in geeigneter Form erteilt. Vor diesem Hintergrund kann auch eine Erfüllung des Anspruchs durch entsprechende Ergänzung eines bereits bestehenden Verzeichnisses – z.B. das dem Nachlassgericht im Testamentseröffnungsverfahren vorgelegte Verzeichnis oder ein Nachlassverzeichnis des Testamentsvollstreckers – erfolgen. Die weiteren Befugnisse des Pflichtteilsberechtigten nach § 2314 Abs. 1 S. 2 u. 3 BGB (Zuziehung; amtliches Verzeichnis; eidesstattliche Versicherung) bleiben hiervon aber unberührt. In der Praxis hat sich die Abfassung des Nachlassverzeichnisses in der Form einer Bilanz bewährt, da so ein hohes Maß an Übersichtlichkeit gewährleistet werden kann. Eine Bewertung der einzelnen Posten ist nicht erforderlich. Auf der Passivseite muss aber wenigstens der Rechtsgrund der einzelnen Nachlassverbindlichkeiten angegeben werden. Das Nachlassverzeichnis ist nach § 260 BGB schriftlich abzufassen.
Rz. 25
Soweit man eine Unterzeichnung durch den Schuldner für entbehrlich hält, kann die Auskunft auch durch einen Anwaltsschriftsatz erteilt werden. Ob eine Unterzeichnung des Verzeichnisses erforderlich ist, ist derzeit nicht vollständig klar. Während die überwiegende Meinung dies ablehnt, fordern einzelne OLG die Unterschrift.