Rz. 21
Der Pflichtteilsanspruch kann als in seiner zwangsweisen Verwertbarkeit aufschiebend bedingter Anspruch bereits gepfändet werden, bevor er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig wurde. § 852 Abs. 1 ZPO steht dem nicht entgegen. Der Anspruch ist dann ohne Einschränkung mit einem Pfandrecht belegt, darf aber erst verwertet werden, wenn die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO vorliegen. Nach der Rspr. des BGH kann ein Gläubiger den entstandenen Pflichtteilsanspruch bereits vor seiner Rechtshängigkeit oder Anerkennung wie eine aufschiebend bedingte Forderung pfänden und sich so bei Eintritt der Verwertungsvoraussetzungen ein vollwertiges Pfandrecht sichern, dessen Rang sich nach dem Zeitpunkt der Pfändung bestimmt. Die Überweisung zur Einziehung kann bereits vor Bedingungseintritt erfolgen, was die Erwirkung eines einheitlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses möglich macht.
Die Vorschrift will vermeiden, dass der Pflichtteilsanspruch, der seine Grundlage im Familienrecht hat, nicht gegen den Willen des Pflichtteilsberechtigten geltend gemacht wird. Pflichtteil i.S.d. § 852 ZPO sind der ordentliche Pflichtteil, der Pflichtteilsrestanspruch, der Pflichtteilsergänzungsanspruch und der Anspruch des von der fortgesetzten Gütergemeinschaft ausgeschlossenen Abkömmlings. Die Sicherung eines künftigen Pflichtteilsanspruchs vor dem Erbfall ist nicht möglich. Nur der gegen den oder die Erben gerichtete Anspruch aus § 2317 BGB als solcher und nicht das bereits vor dem Erbfall bestehende Pflichtteilsrecht kann Gegenstand einer Pfändung sein.
Rz. 22
Wurde dem Pflichtteilsberechtigten ein Vermächtnis zugewandt, das der Höhe nach dem Pflichtteilsanspruch entspricht, so besteht kein Pfändungsschutz. Durch Ausschlagung gem. § 2307 BGB kann der Pflichtteilsberechtigte den beschränkt pfändbaren Pflichtteilsanspruch erlangen.
Rz. 23
Der Pfändungsschutz des § 852 Abs. 1 ZPO entfällt, sobald Erbe und Pflichtteilsberechtigter eine Vereinbarung getroffen haben, aus der Bestehen und Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs erkennbar sind. Ein Anerkenntnis nach § 781 BGB ist grundsätzlich nicht erforderlich. Die Geltendmachung ist nicht in einem unentgeltlichen Erlassvertrag nach § 397 BGB zu sehen, denn dieser Vertrag zeigt gerade, dass der Pflichtteilsanspruch nicht durchgesetzt werden soll.
Rz. 24
Tritt bei einem Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Erbfall ein, der ihn zum Pflichtteilsberechtigten macht, so gehört dieser Pflichtteil zur Insolvenzmasse, auch wenn der Pflichtteilsanspruch erst nach Beendigung der Wohlverhaltensperiode rechtskräftig durchgesetzt wird. Über die Geltendmachung des Pflichtteils entscheidet der Pflichtteilsberechtigte allein. Wird der während des Insolvenzverfahrens entstandene Pflichtteilsanspruch erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens anerkannt oder rechtshängig gemacht, unterliegt er der Nachtragsverteilung gem. § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Hat der Erblasser dem Pflichtteilsberechtigten ein Darlehen gewährt, ist dieses bei der Berechnung des Pflichtteils zu berücksichtigen, auch wenn dem Pflichtteilsberechtigten hinsichtlich des Rückzahlungsanspruchs in einem Privatinsolvenzverfahren über sein Vermögen Restschuldbefreiung erteilt worden ist.