Rz. 146

Wie bereits erwähnt, ist im Rahmen des Niederstwertprinzips eine Vergleichsrechnung anzustellen, in deren Rahmen der Wert des Zuwendungsgegenstandes im Zeitpunkt der Schenkung und im Zeitpunkt des Erbfalles miteinander zu vergleichen sind. Beide Zeitpunkte können mitunter erheblich auseinanderfallen, so dass – aus der Sicht des Todeszeitpunkts – seit dem Vollzug der Schenkung nicht selten eine erhebliche Geldentwertung eingetreten ist. Das Niederstwertprinzip dient indes nur dazu, das Risiko echter Wertminderungen der Sphäre des Pflichtteilsberechtigten zuzuordnen. Das Risiko der allgemeinen Geldentwertung braucht er aber nicht zu tragen.[543] Der Wert zum Zeitpunkt des Vollzugs der Schenkung ist daher um den bis zum Tag des Erbfalls eingetretenen Kaufkraftschwund zu bereinigen.[544] Dabei ist entsprechend der vom BGH für Zugewinn-[545] und Erbausgleich[546] entwickelten Grundsätze vorzugehen. Demzufolge ist der Wert der Zuwendung (im Zeitpunkt der Zuwendung) mit dem maßgeblichen Lebenshaltungskostenindex (heute: VPI)[547] im Zeitpunkt des Erbfalls zu multiplizieren; das Produkt wird anschließend durch den Lebenshaltungskostenindex im Zeitpunkt der Zuwendung dividiert.[548]

 

Rz. 147

Welche der verschiedenen veröffentlichten Indexreihen anzuwenden ist, ist aber fraglich. Der BGH ist bislang von den im Statistischen Jahrbuch der Bundesrepublik Deutschland jährlich veröffentlichten Preisindizes für die Lebenshaltungskosten in langjähriger Übersicht ausgegangen.[549] Diese werden aber für verschiedene Haushaltstypen sowie getrennt für das frühere Bundesgebiet und die neuen Bundesländer (einschließlich Ost-Berlin) sowie für Gesamt-Deutschland ermittelt und veröffentlicht.[550] Die Rspr. zum Zugewinnausgleich griff in der Vergangenheit überwiegend auf den Lebenshaltungskostenindex der 4-Personen-Arbeitnehmer-Haushalte mit mittlerem Einkommen zurück.[551] Heute ist der Verbraucherpreisindex für Deutschland (VPI) maßgeblich.[552]

[543] Vgl. OLG Schleswig ZEV 2009, 81, 82; vgl. auch MüKo/Lange, § 2325 Rn 56.
[544] Staudinger/Olshausen [2015], § 2325 Rn 107; Palandt/Weidlich, § 2325 Rn 18; MüKo/Lange, § 2325 Rn 56; Reiff, ZEV 1998, 241, 248 (Fn 78); a.A. Pentz, ZEV 1999, 167, 169.
[545] BGHZ 61, 385 = NJW 1974, 137.
[546] BGH NJW 1975, 1831.
[547] www.destatis.de.
[548] Vgl. auch Pawlytta, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler, HB Pflichtteilsrecht, § 7 Rn 106.
[549] Vgl. etwa BGH NJW 1974, 137; BGH NJW 1975, 1831; BGH NJW 1983, 1485; BGH NJW 1992, 2888 (die beiden letzten Entscheidungen zur Pflichtteilsergänzung).
[550] Übersichten bei Bonefeld/Daragan/Tanck/Riedel, Arbeitshilfen im Erbrecht, hrsg. von Heinrich Nieder, 2009; aktuelle Daten im Internet: www.destatis.de
[551] So z.B. OLG Frankfurt FamRZ 1987, 62, 66; OLG Frankfurt FamRZ 1983, 395, 396; vgl. auch BGHZ 61, 385, 393.
[552] Reimann, ZEV 2018, 198, 199. Der VPI hat den früher (bis 2002) veröffentlichten "Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland" abgelöst. Das aktuelle Basisjahr ist 2015.

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