Rz. 26
Grundsätzlich scheidet bei gegenseitigen Verträgen, die unter fremden Dritten zu üblichen Konditionen abgeschlossen werden, eine Schenkung aus. Im Einzelfall ist aber stets zu prüfen, ob die getroffenen Vereinbarungen diesem Fremdvergleich standhalten oder ob es sich um eine gemischte oder verschleierte Schenkung handelt. Die größten Probleme ergeben sich dabei aus der Möglichkeit der Vertragsparteien, sich über die Bewertung der gegenseitigen Leistungen frei verständigen zu können. Weiterhin ist es schuldrechtlich ohne weiteres möglich, zu vereinbaren, dass die ursprünglich festgelegte Vergütung durch entsprechende Erklärungen – evtl. sogar nur einer Vertragspartei – abgeändert werden kann, so dass ein zunächst vollentgeltliches Geschäft sich nachträglich in ein unentgeltliches verwandeln kann oder umgekehrt. Dies ist bei entsprechender Ausgestaltung sogar durch Verfügung von Todes wegen möglich. Besondere Schwierigkeiten können sich ergeben, wenn die Gegenleistung – wenigstens teilweise – nicht gegenüber dem Vertragspartner selbst, sondern gegenüber einem von ihm bestimmten Dritten – z.B. seinen Ehegatten – zu erbringen ist. Denn auch solche Leistungen sind in die Abwägung einzubeziehen.
Rz. 27
Vor dem Hintergrund, dass die individuelle Vereinbarkeit von Leistung und Gegenleistung und die subjektiven Vorstellungen der Parteien über deren wertmäßige Ausgeglichenheit ungezählte Manipulationsmöglichkeiten zum Nachteil des Pflichtteilsberechtigten eröffnen, setzt die Rspr. hier enge Grenzen: So kann eine objektiv fehlende Gegenleistung durch den Parteiwillen nicht ersetzt werden. Auch von sachfremden Erwägungen getragene, willkürliche Bemessungen von Leistung und Gegenleistung sind nicht geeignet, die – teilweise – Unentgeltlichkeit einer Zuwendung zu verhindern. Im Hinblick auf die regelmäßig auftretenden Beweisschwierigkeiten des Pflichtteilsberechtigten sind an den Nachweis einer von den Vertragspartnern gewollten – teilweisen – Unentgeltlichkeit keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Bei einem groben Missverhältnis der einander gegenüberstehenden Werte spricht daher eine tatsächliche Vermutung für eine von den Parteien einvernehmlich gewollte unentgeltliche Zuwendung bzw. Bereicherung des weniger leistenden Teils. Dem Pflichtteilsberechtigten obliegt aber auf jeden Fall der Nachweis des objektiven Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung. Er hat also die zugrunde zu legenden Werte darzutun und ggf. auch zu beweisen. Der Anspruchsgegner hat die für die Begründung der Gegenleistung maßgeblichen Tatsachen im Wege des substantiierten Bestreitens der Unentgeltlichkeit vorzutragen.
Rz. 28
Einen Sonderfall bilden insoweit die sog. Übergabeverträge, bei denen "i.R.d. vorweggenommenen Erbfolge" Vermögen auf die nächste Generation, an sonstige Verwandte oder den Ehegatten übertragen wird. Denn hier entspricht es gerade dem Sinn und Zweck des Vertrages, bei der Bemessung des Entgelts bzw. der Gegenleistung eher großzügig zu sein. Die Rspr. erkennt daher solche Verträge als entgeltlich an, wenn sich die Werte von Leistung und Gegenleistung – auch unter Berücksichtigung des Verwandtschaftsverhältnisses – in einem vernünftigen Rahmen bewegen.