1. Allgemeines
Rz. 117
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass hinsichtlich der Bewertung ergänzungspflichtiger Schenkungen die gleichen Prinzipien Anwendung finden wie bei der Berechnung des Nachlasswertes zur Bestimmung des ordentlichen Pflichtteils. Im Regelfall ist daher der Verkehrswert maßgeblich, § 2311 BGB, bei Landgütern der zumeist wesentlich niedrigere Ertragswert gem. § 2312 BGB, dessen Voraussetzungen aber nicht nur im Übergabezeitpunkt, sondern auch noch beim Erbfall vorliegen müssen.
Rz. 118
Für Erbfälle, die nach dem 31.12.2009 eintreten, gilt überdies gem. Abs. 3 S. 1 n.F. eine Art "Abschmelzungsmodell". Demzufolge vermindert sich der für die Berechnung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen anzusetzende Wert des Geschenks für jedes Jahr, das seit der Schenkung vergangen ist, um 1/10. Für Erbfälle vor dem 1.1.2010 bleibt es aber beim althergebrachten Alles-oder-Nichts-Prinzip des Abs. 3 a.F.
2. Bewertungszeitpunkt
Rz. 119
Während bei der Bewertung des realen Nachlasses eindeutig der Todestag des Erblassers als Stichtag anzusehen ist (§ 2311 BGB), stellt das Gesetz in Abs. 2 für die Bestimmung des dem Wert des realen Nachlasses hinzuzurechnenden Betrages besondere Regeln auf.
a) Verbrauchbare Sachen
Rz. 120
Für die Bewertung der Leistung, die dem Pflichtteilsergänzungsanspruch unterliegt, kommt es bei verbrauchbaren Sachen i.S.d. § 92 BGB grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Zuwendung an. Verbrauchbare Sache i.S.v. Abs. 2 sind z.B. Lebensmittel, Heizmaterialien, Tiere, daneben aber auch solche Gegenstände, die grundsätzlich zur Veräußerung bestimmt sind und die als solche keinen eigentlichen Gebrauchswert haben, ebenso Geld oder (Geldsurrogate darstellende) Wertpapiere. Maßgeblich ist ihr Wert im Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung. Die Geldentwertung ist nach h.M. entsprechend der Entwicklung des allg. Lebenshaltungskostenindexes (heute: Verbraucherpreisindex für Deutschland – VPI) auszugleichen. Ob die zugewendeten Gegenstände zwischenzeitlich tatsächlich verbraucht wurden oder sonst wie untergegangen sind, spielt keine Rolle. Auch der schenkweise Erlass von Schulden wird wie die Hingabe einer verbrauchbaren Sache behandelt. War die Forderung im Erlasszeitpunkt noch nicht fällig, ist sie entsprechend der noch ausstehenden Laufzeit abzuzinsen. Bei Rentenforderungen ist auf den kapitalisierten Wert im Zeitpunkt des Erlasses abzustellen. Gleiches gilt beim Verzicht auf dingliche Nutzungsrechte.
b) Nicht verbrauchbare Sachen
Rz. 121
Für nicht verbrauchbare Gegenstände, insbesondere Immobilien und Unternehmensbeteiligungen, gilt das sog. Niederstwertprinzip des Abs. 2 S. 2. Dementsprechend sind die Werte des verschenkten Gegenstandes zum Zeitpunkt der Schenkung (bei Grundstücken: Eigentumsumschreibung im Grundbuch) und zum Zeitpunkt des Erbfalls miteinander zu vergleichen, wobei der Wert im Zeitpunkt der Schenkung anhand des Lebenshal...