I. Gläubiger
Rz. 7
Voraussetzung für die Geltendmachung des Anspruchs ist, dass der Gläubiger zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten nach § 2303 BGB gehört. Sein Pflichtteilsrecht muss bestehen; er darf es nicht durch Pflichtteilsverzicht, § 2346 Abs. 2 BGB, oder durch eine Pflichtteilsentziehung, §§ 2333 ff. BGB, verloren haben oder aufgrund einer Pflichtteilsunwürdigkeit, § 2345 BGB, ausgeschlossen sein. Pflichtteilsergänzungsansprüche des Alleinerben richten sich nach Abs. 1 S. 2 von vornherein gegen den Beschenkten. Steht mehreren pflichtteilsberechtigten Miterben ein Pflichtteilsergänzungsanspruch zu, so kann jeder der Miterben für sich und unabhängig von den übrigen seinen Anspruch gegen den Beschenkten geltend machen, wenn der Nachlass wertlos ist oder zur Befriedigung der Pflichtteilsergänzungsansprüche nicht ausreicht. Es ist nicht erforderlich, dass die anderen Miterben die Einrede des § 2328 BGB erhoben haben. Grundsätzlich kann auch ein Sozialhilfeträger aus übergeleitetem Recht Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen den Beschenkten geltend machen.
II. Schuldner des Anspruchs
Rz. 8
Der vom Erblasser Beschenkte ist Schuldner des Anspruchs. Er muss eine Schenkung i.S.d. § 2325 BGB erhalten haben. Ist der vom Erblasser Beschenkte im Zeitpunkt des Erbfalls bereits vorverstorben, so haften an seiner Stelle seine Erben, und zwar als Gesamtschuldner.
Rz. 9
Ist der nach § 2325 BGB "nicht verpflichtete" Erbe gleichzeitig auch Beschenkter, so schließt dies seine Inanspruchnahme nach § 2325 BGB nicht aus. In Höhe seiner "Nichtverpflichtung" haftet er nach § 2329 BGB.
III. Anspruch auf Pflichtteilsergänzung
Rz. 10
Weitere Voraussetzung für die Haftung des Beschenkten ist der bereits eingetretene Erbfall. Vor dem Erbfall kann ein Pflichtteilsergänzungsanspruch gem. § 2329 BGB weder geltend gemacht, noch kann die einstweilige Sicherung des Anspruchs begehrt werden, da der Anspruch erst mit dem Erbfall entsteht.
IV. Durchgriff auf den Beschenkten/Enthaftung des Erben
Rz. 11
Der Beschenkte haftet nur, wenn der Erbe zur Pflichtteilsergänzung "nicht verpflichtet" ist, Abs. 1 S. 1. Der Pflichtteilsergänzungsberechtigte darf nicht ganz befriedigt worden sein; es muss noch ein (Teil-)Betrag offenstehen, weil der Erbe insoweit zur Ergänzung nicht verpflichtet ist. Das ist der Fall, wenn feststeht, dass kein Nachlass vorhanden bzw. der Nachlass überschuldet ist, der Erbe nur beschränkt auf den Nachlass bzw. nur als Teilschuldner haftet und der Nachlass nicht zur Pflichtteilsergänzung ausreicht, §§ 1975 ff., 1990, 1991 Abs. 5, 2060 BGB, § 327 InsO.
Rz. 12
Die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses ist ausreichend. Insoweit wird teilweise vertreten, es genüge bereits das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen für die Haftungsbeschränkung. Eine Geltendmachung sei nicht erforderlich, da zu unterstellen sei, dass der Erbe von seiner Möglichkeit zur Haftungsbeschränkung auch Gebrauch machen werde. Nach Auffassung des LG Stuttgart muss der Erbe die Einrede der Dürftigkeit erheben. Unterlässt er das, dann haftet er dem Pflichtteilsberechtigten auch bei einer Überschuldung des Nachlasses. Allein die Überschuldung des Nachlasses ohne Erhebung der Dürftigkeitseinrede führe nicht zur Haftung des Beschenkten.
Rz. 13
Die Anforderung an die Art und Weise der Einredeerhebung sollte jedoch nicht zu hoch gestellt werden. In der Erfüllungsverweigerung kann bereits eine wirksame Berufung auf § 1990 BGB gesehen werden. Die pauschale Unterstellung, der Erbe werde von der Möglichkeit der Berufung auf Abs. 1 auf jeden Fall Gebrauch machen, ist nicht haltbar. Durch das tatsächliche Geltendmachen der Einrede erfährt der Pflichtteilsergänzungsberechtigte keine Beeinträchtigung, denn grundsätzlich haftet der Erbe mit seinem gesamten Vermögen über einen Zeitraum von 30 Jahren, § 218 Abs. 1 BGB.
Rz. 14
Zu einer Haftung des Beschenkten kommt es auch, wenn der Erbe die Pflichtteilsergänzungen nach § 2328 BGB verweigern kann. Auch insoweit ist str., ob bereits das Bestehen der Einrede genügt. Auch diesbezüglich sollten an die Erhebung der Einrede keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Die Erhebung der Einrede kann schon bei bloßer Verweigerung der Pflichtteilsergänzung angenommen werden. Ob die Unterstellung der Einredeerhebung ausreicht, ist zweifelhaft.
Rz. 15
Wenn der Pflichtteilsberechtigte Alleinerbe ist, gilt Abs. 1 S. 2, unabhängig davon, ob er beschränkt oder unbeschränkt haftet. Da der Pflichtteilsergänzungsanspruch eine Nachlassverbindlichkeit darstellt, richtet sich die Haftung des Beschenkten beim Vorhandensein mehrerer pflichtteilsberechtigter Erben nach Abs. 1 S. 2.