I. Allgemeines/Numerus clausus der Beschränkungsmöglichkeiten
Rz. 15
Die Mittel zur Pflichtteilsbeschränkung sind in Abs. 1 abschließend aufgezählt. Weder stehen dem Erblasser andere Beschränkungen zur Verfügung noch kann er die vorgegebenen Gestaltungsmittel verschärfen. Er kann sie aber parallel bzw. kumulativ anordnen.
Rz. 16
Der betroffene Pflichtteilsberechtigte muss dies akzeptieren, und zwar unabhängig davon, ob das ihm Hinterlassene die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils erreicht oder übersteigt. Eine Möglichkeit, durch Ausschlagung und Pflichtteilsgeltendmachung den vollen, unbelasteten Pflichtteil zu erlangen, hat er nicht. Die vom Erblasser angeordneten Beschränkungen erfassen im Übrigen auch einen etwaigen Zusatz- bzw. Restpflichtteil (§ 2305 BGB), Pflichtteilsergänzungsansprüche (§ 2325 ff. BGB) sowie sich aus Ausgleichungs- und Anrechnungsvorschriften (§§ 2315, 2316 BGB) ergebende Ansprüche.
Rz. 17
Die Anordnung anderer als der in Abs. 1 BGB ausdrücklich vorgesehenen Beschränkungen kann den Pflichtteilsberechtigten nur binden, soweit die Voraussetzungen des § 2333 BGB vorliegen und eine Entziehung des Pflichtteils möglich ist.
Im Übrigen bestimmt sich die Wirksamkeit von Maßnahmen, die gem. Abs. 1 nicht vorgesehen sind, nach den allgemeinen Grundsätzen. Eine Rechtfertigung nach § 2338 BGB (Pflichtteilsbeschränkung in guter Absicht) kommt dann nicht in Betracht, es gelten vielmehr die §§ 2306, 2307 BGB (ohne Eingreifen von § 2338 BGB). Der Pflichtteilsberechtigte hat somit die Wahl, ob er seinen vollen, unbelasteten Pflichtteil geltend machen will und vor diesem Hintergrund das ihm Hinterlassene ausschlägt oder ob er den beschränkten/belasteten Erbteil/das Vermächtnis annimmt.
Eine Milderung der in Abs. 1 vorgesehenen Beschränkungen ist ohne Weiteres möglich.
II. Nacherbschaft und Nachvermächtnis
1. Beschränkung zugunsten der gesetzlichen Erben des Pflichtteilsberechtigten
Rz. 18
Soweit der Erblasser einen Pflichtteilsberechtigten, dessen Pflichtteil er zulässigerweise nach § 2338 BGB beschränken kann, zum Erben einsetzt, kann er diese Erbschaft mit der Anordnung einer Nacherbschaft beschweren. Als Nacherben kommen hierbei nur die (grundsätzlich alle) gesetzlichen Erben des beschränkten Pflichtteilsberechtigten in Betracht. Die Berufung anderer Personen, der Ausschluss einzelner gesetzlicher Erben oder die Anordnung abweichender Erbquoten führt jeweils dazu, dass die eigentlich beabsichtigten Wirkungen der § 2338 BGB, § 863 ZPO (insgesamt) nicht eintreten. Zu den gesetzlichen Erben i.S.d. § 2338 BGB zählt jedoch nicht der Fiskus; dies würde angesichts des Normzwecks der Vorschrift – Erhaltung des Familienvermögens – auch wenig Sinn ergeben.
Rz. 19
Auch wenn grundsätzlich alle gesetzlichen Erben des betroffenen Pflichtteilsberechtigten zu Nacherben berufen werden müssen, ist es dem Erblasser doch unbenommen, die Nacherbeneinsetzung auf die gesetzlichen Erben einer bestimmten Ordnung zu beschränken. Dies ermöglicht aber keinen Ausschluss des Ehegatten des Abkömmlings, der zwar zu keiner Erbenordnung aber dennoch zum Kreis der gesetzlichen Erben gehört. Die Ausschließung solcher gesetzlicher Erben des Pflichtteilsberechtigten, denen gegenüber der Erblasser zur Pflichtteilsentziehung berechtigt ist, ist aber zulässig.
Rz. 20
Der Auslöser für den Nacherbfall/Nachvermächtnisfall muss stets der Tod des beschränkten Pflichtteilsberechtigten sein.
Rz. 21
Hat der Pflichtteilsberechtigte zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers keine gesetzlichen Erben (außer dem Fiskus) oder keine gesetzlichen Erben, auf die der Erblasser zulässigerweise die Nacherbschaft beschränkt hat, ändert dies an der Vorerbenstellung des betroffenen Abkömmlings zunächst nichts. Denn zum einen beeinflusst der Mangel an potentiellen Nacherben das Schutzbedürfnis des Pflichtteilsberechtigten nicht. Zum anderen können zwischen dem Zeitpunkt des Erbfalls und dem Zeitpunkt des Nacherbfalls (Tod des beschränkten Abkömmlings) ohne weiteres noch gesetzliche Erben durch Heirat, Geburt oder Adoption hinzutreten. Nur wenn beim Tod des Abkömmlings tatsächlich keine gesetzlichen Erben (aus dem Fiskus) existieren, entfällt die Nacherbschaft, so dass der Abkömmling über seine den angeordneten Beschränkungen unterliegende Nachlassbeteiligung (letztwillig) frei verfügen kann.
Rz. 22
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