Rz. 11
Weitere Voraussetzung der Pflichtteilsbeschränkung ist die Gefährdung des Nachlassvermögens, und zwar (ausdrücklich) durch die Verschwendungssucht oder/und die Überschuldung des Abkömmlings.
Rz. 12
Eine erhebliche Gefährdung des Erwerbs liegt vor, wenn im konkreten Einzelfall objektiv zu erwarten ist, dass er entweder durch die Gläubiger des Abkömmlings gepfändet und verwertet oder durch den Abkömmling selbst vergeudet wird und auf diese Weise im Ergebnis verloren geht. Erwerb in diesem Sinne ist der Erb- bzw. Pflichtteil des Berechtigten; nur dieser kann durch die Anordnung einer Pflichtteilsbeschränkung geschützt werden. Eine Gefährdung des sonstigen Vermögens des Abkömmlings oder auch seines eigenen bzw. des Lebensunterhalts seiner Familie sind weder erforderlich noch beachtlich. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich hieraus möglicherweise eine erhebliche Gefährdung des ihm im Erbwege zufallenden Vermögens ergeben könnte.
Rz. 13
Voraussetzung der gesetzlich geforderten "erheblichen" Gefährdung ist, dass aufgrund objektiver Anhaltspunkte eine Vergeudung oder Pfändung bzw. Verwertung zu erwarten ist. Insoweit kann es auch zu einer Kumulierung verschiedener Gefährdungsmomente kommen, wenn bspw. Verschwendung und Verschuldung, die aber noch keine Überschuldung darstellt, zusammen den Erwerb erheblich gefährden. Eine abstrakte Gefährdung genügt, sie muss sich noch nicht in einem konkreten Vermögensverlust manifestiert haben.
Anders als die Minderjährigkeit des Abkömmlings schließt das Bestehen einer Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt die (erhebliche) Gefährdung des ihm möglicherweise zufallenden erbrechtlichen Erwerbs nicht in jedem Fall aus. Dies gilt umso mehr, als eine aktuell bestehende Betreuung zum späteren Zeitpunkt wieder aufgehoben werden könnte.
Rz. 14
In zeitlicher Hinsicht ist zu beachten, dass die genannten Voraussetzungen – wie auch bei der Pflichtteilsentziehung – sowohl im Zeitpunkt der Testamentserrichtung (schon) als auch im Zeitpunkt des Erbfalls (noch oder wieder) vorliegen müssen, § 2338 Abs. 2 S. 2 BGB. Eine erst drohende Überschuldung (oder Verschwendungssucht) genügt ausdrücklich nicht. Etwaige Veränderungen bzw. Verbesserungen der Situation zwischen dem Zeitpunkt der Testamentserrichtung und dem Eintritt des Erbfalls sind ohne Belang, soweit die erhebliche Gefährdung durch Verschwendung oder Überschuldung an den beiden maßgeblichen Stichtagen (Testamentserrichtung und Erbfall) schon bzw. noch/wieder vorliegt. Unwirksam ist die Pflichtteilsbeschränkung aber dann, wenn der Abkömmling sich zur Zeit des Erbfalls dauernd von dem verschwenderischen Leben abgewendet hat oder die den Grund der Pflichtteilsbeschränkung bildende Überschuldung nicht mehr besteht (Abs. 2 S. 2). Der Grund für die positive Veränderung ist irrelevant. Sie muss aber tatsächlich, also nach objektiven Kriterien, vorliegen. Eine von den objektiven Gegebenheiten abweichende Vorstellung des Erblassers ist ebenso wie eine Verzeihung (i.S.v. § 2337 BGB) irrelevant.
Tritt eine Besserung und ein damit verbundener Wegfall der Beschränkungsgründe erst nach dem Erbfall ein, so hat dies grundsätzlich keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Beschränkungsanordnung. Vielmehr stellt sich die Frage, inwieweit der Erblasser, hätte er diese Situation antizipiert, die weitere Geltung der beschränkenden Anordnung gewollt hätte. Dabei kann der Fortbestand der beschränkenden Anordnungen durchaus unterschiedlich zu beurteilen sein. Dies legt die Annahme nahe, dass eine angeordnete Testamentsvollstreckung, die ausschließlich den unmittelbar gefährdeten Pflichtteilsberechtigten belastet, eher entfällt als eine zum Schutz des Familienvermögens insgesamt angeordnete Vor- und Nacherbschaft.