Rz. 8
Zur vorsätzlichen Tötung gehören die Tatbestände des Mordes und Totschlags (§§ 211, 212 StGB). Ist die Todesfolge nicht vom Vorsatz umfasst gewesen, liegt kein Fall des Abs. 1 Nr. 1 1. Fall vor (z.B. Körperverletzung mit Todesfolge, § 239 Abs. 4 StGB, fahrlässige Tötung, § 222 StGB). Möglich ist dann die Variante des Abs. 1 Nr. 1 3. Fall. Bei einer Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB) liegt zwar Vorsatz, aber auch eine Einwilligung vor, so dass eine Erbunwürdigkeit nicht gegeben ist.
Rz. 9
Kein Tötungsdelikt liegt vor, wenn ein Behandlungsabbruch entsprechend den gesetzlichen Vorschriften (§§ 1901a, 1901b BGB) vorgenommen wird. Eine gerichtliche Genehmigung des Behandlungsabbruchs ist gem. § 1904 BGB entbehrlich, wenn zwischen dem Vertreter des Betroffenen und dem Arzt Einvernehmen besteht. Wird aber nicht nach dem von §§ 1901a, 1901b BGB vorgegebenen Verfahren gehandelt und liegt auch eine Einwilligung wie im Fall des § 216 StGB nicht vor, kommt es grundsätzlich zur Erbunwürdigkeit, etwa bei der versuchten Tötung eines geschäftsunfähigen Ehegatten. Die Geschäfts-(und Testier-)unfähigkeit wird den Angriff auf die geschützte Testierfreiheit nicht entfallen lassen, da die Erbfolge in einem Ehegattentestament (wie vorliegend) auch durch die Reihenfolge und allgemein den Zeitpunkt des Ablebens beeinflusst wird.
Rz. 10
Denkbar ist bei solchen Verfehlungen des testamentarisch Bedachten gegen den Erblasser, die nicht unter § 2339 BGB fallen, eine Korrektur der entsprechenden letztwilligen Verfügung über eine Anwendung der Anfechtungsregeln gem. § 2078 BGB. Unausgesprochenes Motiv der letztwilligen Verfügung kann das Wohlverhalten des Bedachten sein, also bspw. nicht das Opfer einer fahrlässigen Tötung durch den Erben zu werden. Dies kann aber nur im Einzelfall greifen, wenn für diesen speziellen Willen Anhaltspunkte vorliegen.
Rz. 11
Als problematisch hat sich der Fall der Tötung des Vorerben durch den Nacherben erwiesen. Abs. 1 Nr. 1 greift hier nicht, weil der Tatbestand eine Tötung des Erblassers selbst verlangt. Die Tötung selbst eines nahen Angehörigen genügt nicht. Die Regelungslücke soll durch die Anwendung des § 162 Abs. 2 BGB geschlossen werden. Tötet der Nacherbe den Vorerben, ist der Eintritt der Nacherbschaft treuwidrig herbeigeführt, so dass der Nacherbe sich nicht auf diesen berufen kann. Es tritt für den Nacherben der Ersatznacherbfall ein. Ohne Ersatznacherben wird der Vorerbe zum Vollerben, so dass der Nachlass mit seinem eigenen an seine Erben geht. Gegen den Nacherben muss keine Anfechtungsklage nach § 2342 BGB erhoben werden. Der Täter wird nicht Erbe des Vorerben, denn er ist ihm gegenüber in direkter Anwendung des § 2339 Abs. 1 Nr. 1 BGB erbunwürdig.