I. Beginn der Anfechtungsmöglichkeit (Abs. 2 S. 1)
Rz. 2
Die Klage ist erst nach dem Anfall der Erbschaft (§ 1942 Abs. 1 BGB) zulässig. Eine Feststellungsklage zu Lebzeiten des Erblassers ist unzulässig. Bei der Pflichtteilsunwürdigkeit mag sie zwar denkbar sein, wird aber in der Praxis durch eine Klage auf Feststellung der Berechtigung zur Pflichtteilsentziehung (welche zulässig ist) überflüssig werden. Die Anfechtung kann auch noch gegen die Erben des Unwürdigen durchgeführt werden.
Rz. 3
Die Anfechtung kann gegen den erbunwürdigen Ersatzerben nicht geltend gemacht werden, solange der Erbe nicht weggefallen ist. Das bedeutet auch, dass eine Klage nicht gleichzeitig gegen den Erben und den Ersatzerben erhoben werden kann: Für die Verurteilung des Ersatzerben ist es eine Voraussetzung, dass eine Anfechtungsklage gegen den Erben rechtskräftig Erfolg hatte. Selbst wenn prozessökonomische Gesichtspunkte in solchen Fällen für eine Klageverbindung sprechen, fehlt doch die Voraussetzung des Abs. 2 S. 1. Zudem ist die Prozessverbindung unzulässig, da die Klage gegen den einen Beklagten von dem Ausgang des Verfahrens gegen den anderen Beklagten abhängig wäre. Bei dem Verfahren gegen den anderen Beklagten handelt es sich um einen selbstständigen Prozess und mithin bei dem Ausgang des Verfahrens gegen den ersten Beklagten um eine außerprozessuale Bedingung.
II. Anfechtung gegenüber Nacherben (Abs. 2 S. 2)
Rz. 4
Nach Abs. 2 S. 2 kann die Anfechtung einem Nacherben gegenüber geltend gemacht werden, sobald die Erbschaft dem Vorerben angefallen ist. Dem steht nicht entgegen, dass die Nacherbschaft gem. § 2139 BGB erst mit dem Nacherbfall anfällt. Der Vorerbe soll möglichst frühzeitig wissen, ob er Vollerbe geworden ist oder den Beschränkungen zugunsten des Nacherben unterliegt. Dasselbe gilt auch bei der Unwürdigkeit eines Nachvermächtnisnehmers oder der Erbeinsetzung unter einer Bedingung oder Befristung gem. § 2105 BGB. Die Frist gegenüber einem unwürdigen Nacherben beginnt, wenn der Nacherbfall eintritt. Die Anfechtung soll vor Eintritt der Nacherbfolge nur ermöglicht werden, was aber nicht zu Lasten des Anfechtenden wirken soll.
III. Anfechtungsfrist (Abs. 3)
Rz. 5
Die Anfechtung muss binnen Jahresfrist erfolgen (§ 2082 Abs. 1 BGB). Ausgeschlossen ist die Anfechtung wegen Erbunwürdigkeit, wenn seit dem Erbfall (§ 1922 BGB) 30 Jahre verstrichen sind (§ 2340 Abs. 3 i.V.m. § 2082 Abs. 3 BGB). Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 206, 210, 211 BGB entsprechend Anwendung (vgl. § 2080 Abs. 2 S. 2 BGB), einschließlich der Hemmungstatbestände. Es kann auch die Rechtsprechung zu § 852 BGB a.F. herangezogen werden.
Rz. 6
Die Frist beginnt, wenn der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt (§ 2082 Abs. 2 S. 1 BGB). Diese liegt vor, wenn der Anfechtungsberechtigte von der die Erbunwürdigkeit begründenden Tatsache und von der Tatsache Kenntnis erlangt, durch welche die Anfechtung zulässig geworden ist (Erbanfall an den Unwürdigen). Bloße Vermutungen hinsichtlich der die Erbunwürdigkeit begründenden Tatsachen genügen nicht. Da die Erbunwürdigkeit in einem Prozess durchzusetzen ist, müssen beweisbare Tatsachen vorliegen. So kann bspw. in einem Gutachten die Fälschung des Testaments festgestellt worden sein. Bei der Testamentsfälschung ist auch die Kenntnis von der Person des Fälschers Voraussetzung für den Fristbeginn. Bei Zweifeln aufgrund sich widersprechender Aussagen kann es im Einzelfall zulässig sein, ein Strafurteil abzuwarten. Im Falle des § 2339 Abs. 1 Nr. 1 BGB reicht es nicht aus, dass der Anfechtungsberechtigte die Tatsachen kennt, die den objektiven und subjektiven Tatbestand des Tötungsdelikts ausfüllen und die Rechtfertigungsgründe ausschließen. Erforderlich ist vielmehr auch die Kenntnis der schuldbegründenden Merkmale, da bei schuldlosem Verhalten eine Erbunwürdigkeit nicht in Betracht kommt.