Gesetzestext
Der Erbverzichtsvertrag bedarf der notariellen Beurkundung.
A. Allgemeines
Rz. 1
Der Erbverzicht kann insbesondere für den Verzichtenden und dessen Abkömmlinge erhebliche Folgen haben, die oft nicht ausreichend abzuschätzen sind, da über ein zukünftiges Recht disponiert wird. Die Formvorschrift dient daher dem Schutz vor übereilten Entscheidungen.
B. Tatbestand
I. Der Erbverzicht
1. Pflichtteilsverzicht u.a.
Rz. 2
Das Formerfordernis erfasst neben dem reinen Erbverzicht auch Teilverzichte, wie den Pflichtteilsverzicht, einen quotalen Erbverzicht oder einen gegenständlich beschränkten Pflichtteilsverzicht.
2. Kausalgeschäft
Rz. 3
§ 2348 BGB wird von der zutreffenden h.M. auf das schuldrechtliche Kausalgeschäft analog angewandt. Das Problem stellt sich, seitdem von der ganz h.M. der Erbverzicht als abstrakt vom schuldrechtlichen Geschäft gesehen wird und diese die Formbedürftigkeit des Kausalgeschäfts bejaht. Sie kann sich dabei zwar nicht auf eine Entscheidung des BGH berufen, der diese Frage bislang offengelassen hat, aber sie stützt sich auf eine Entscheidung des KG.
3. Stellvertretung
Rz. 4
Zu Besonderheiten bei der Stellvertretung vgl. § 2347 Rdn 8 f.
4. Verzicht nach dem Erbfall
Rz. 5
Die Erbenstellung gewinnt der Berechtigte von selbst. Ein "Verzicht" ist nach dem Erbfall durch die formbedürftige Ausschlagung möglich, vgl. § 1945 BGB.
Der Pflichtteilsanspruch entsteht mit dem Erbfall und ist gemäß § 2317 Abs. 1 BGB rein schuldrechtlich. Der Berechtigte kann formlos verzichten (zu steuerlichen Folgen vgl. Kommentierung zu § 2303).
II. Notarielle Beurkundung
1. Grundsatz
Rz. 6
Für den Erbverzicht schreibt § 2348 BGB die notarielle Beurkundung vor. Beide Erklärungen – Angebot des Verzichtenden und Annahme des Erblassers oder aber auch in anderer Reihenfolge – müssen in dieser Form abgegeben werden. Inwieweit auch andere, im Zusammenhang stehende Geschäfte beurkundungspflichtig werden, ist umstritten.
Es soll sich bei der Beurkundung eines Erb-, Pflichtteils- und Zuwendungsverzichtes nicht um eine Verfügung von Todes wegen i.S.v. § 27 BeurkG handeln, so dass eine Unwirksamkeit nach § 7 BeurkG nicht möglich wäre. Jedenfalls für den direkt auf die Erbfolge wirkenden Erbverzicht ist dies nach hier vertretener Ansicht falsch.
Der gerichtliche Vergleich gem. § 127a BGB steht der notariellen Beurkundung gleich.
2. Trennung von Angebot und Annahme
Rz. 7
Angebot und Annahme müssen nicht gleichzeitig (also nicht bei Anwesenheit beider Teile) abgegeben werden, §§ 128, 152 BGB. Die zu beurkundende Annahmeerklärung ist dann nicht empfangsbedürftig. Die Trennung von Angebot und Annahme sollte aber vermieden werden. Wenn der Erblasser vor der Annahme eines Verzichtsangebotes verstorben ist, kann das Angebot von seinen Erben nicht mehr angenommen werden, weder beim Erb- noch – nach der h.M. – beim Pflichtteilsverzicht. Eine Umdeutung in einen Erbschafts-, Erbauseinandersetzungsvertrag, Erbteilsverkauf o.Ä. erscheint denkbar, wenn alle lebzeitig Beteiligten dann auch Erben werden. Auf der anderen Seite macht auch der Tod des Verzichtenden die Annahme unmöglich. Eine Annahme danach ist nicht mehr möglich (zum Verlust der Geschäftsfähigkeit vgl. § 2347 Rdn 10–14).
3. In anderer Urkunde? – stillschweigend
Rz. 8
Es ist umstritten, ob ein Erbverzicht nur ausdrücklich oder auch stillschweigend erklärt werden kann. Eine stillschweigende Erklärung kommt im Rahmen eines notariellen gemeinschaftlichen Testaments oder bei einem Erbvertrag in Betracht. Zudem können Erklärungen in Erbverträgen als Pflichtteilsverzicht auszulegen sein, wie die, dass der Pflichtteilsberechtigte durch eine Zahlung aus dem "elterlichen Vermögen unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male abgefunden" sei.
Rz. 9
Nach der Rechtsprechung des BGH ist ein stillschweigender Erbverzicht möglich. Zumindest das OLG Düsseldorf hat sich dem BGH angeschlossen. Zum Teil wird eher eine Auslegung erwogen.
Der überwiegende Teil der Literatur lehnt einen stillschweigenden Erbverzicht ab. Nach hier vertretener Ansicht kann ein stillschweigender Erbverzicht im Einzelfall durch Auslegung einer anderen Vereinbarung entnommen werden. Die entsprechende Erklärung des Verzichtenden kann aber nur unterstellt werden, wenn dieser wusste, dass er damit nicht nur auf eine mögliche erbrechtliche Zuwendung verzichtet, sondern auch auf eine gesetzlich besonders gesicherte Teilhabe. So ist der vollständige Entfall jeglicher Erbrechte durch eine Wiederverheiratungsklausel eine unzulässige Beeinträchtigung und auf den Pflichtteil zu beschränken. Problematisch sind auch die in Patchworkkonstellat...