Rz. 4
Vertragsverhältnisse zwischen dem Erblasser und Dritten über den Zugang zu einem sozialen Netzwerk bzw. der diesbezügliche Anspruch auf Zugang gehen mit dem Erbfall nach § 1922 Abs. 1 BGB auf den/die Erben über. Gleiches muss für den Zugang zu von dem Erblasser unterhaltenen Internetauftritten (Webspace) gelten. S. 2 ist auf die digitalen Inhalte entsprechend anzuwenden, obgleich den digitalen Inhalten keine Sacheigenschaft zuerkannt werden kann. Dies muss insbesondere im Hinblick darauf gelten, dass Bilder und Dokumente vermehrt überhaupt nicht mehr körperlich, sondern nur noch digital vorhanden sind. Ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung von digitalen und verkörperten Inhalten besteht im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Vorschrift nicht.
Rz. 5
Im Zusammenhang mit einem Erbschaftskauf werden die digitalen Inhalte zu großen praktischen Problemen führen. Der Zugang zu einem solchen Account betrifft das Nutzungsverhältnis mit dem Anbieter und stellt eine Vermögensposition dar; zunächst geht mit der Erfüllung des Erbschaftskaufvertrags das Recht auf Zugriff auf den Erbschaftskäufer über und dem Verkäufer das Recht auf Zugang gegenüber dem Betreiber des sozialen Netzwerks verloren mit der Folge, dass der Verkäufer nicht mehr auf die im Zweifel nicht mitverkauften digitalen Familienpapiere und -bilder zugreifen kann. Regelmäßig sind die Accounts zu sozialen Netzwerken vertraglich zwischen Betreiber und Nutzer als nicht (vertraglich) übertragbar vereinbart, so dass es auch dem Käufer nicht mehr allzu lange möglich sein wird, auf die digitalen Inhalte zuzugreifen. Im Zweifel wird der Verkäufer durch den Verkauf der Erbschaft sogar gegen eine Verpflichtung aus dem Nutzungsvertrag über den Zugang zu einem sozialen Netzwerk verstoßen.
Rz. 6
Da online nicht selten nicht nur persönliche Inhalte, sondern auch sonstige, nicht private Korrespondenz gespeichert wird, verbietet es sich, dem Erbschaftskäufer bereits den Zugang zu einem Account oder auch zu einem E-Mail-Postfach zu verwehren und bereits den Account als im Zweifel nicht mitverkauft i.S.d. S. 2 anzusehen. Zu verwehren ist dem Käufer jedoch die Verwendung privater Inhalte, welche unter den Begriff der Familienpapiere und -bilder zu subsumieren sind. Da Normzweck des S. 2 der Schutz der Pietätsinteressen des Verkäufers ist, spricht viel dafür, ihm einen Löschungsanspruch solcher Inhalte zuzubilligen, zumindest dann, wenn er nicht an einen Miterben verkauft und vor dem Verkauf keine Möglichkeit hatte, selbst die Löschung der digitalen Inhalte vorzunehmen. Hatte er vor dem Verkauf auch nicht die Möglichkeit, die digitalen Inhalte für sich zu sichern oder zu reproduzieren, muss ihm ein Reproduktions- und Herausgabeanspruch gegen den Käufer zugebilligt werden, denn die Situation unterscheidet sich nicht von einer solchen, in welcher erst nach Übertragung der Erbschaft Familienpapiere und -bilder aufgefunden werden.
Rz. 7
Dem seinen Anteil verkaufenden Miterben kann ein Löschungsanspruch gegen den Käufer nicht zustehen, da die Pietätsinteressen von den übrigen Miterben wahrgenommen werden können; etwas anderes muss dann gelten, wenn die übrigen Miterben ihren Erbteil ebenfalls bereits an Dritte veräußert haben.
Rz. 8
Sind digitale Inhalte auf einem im Nachlass befindlichen Medium (Festplatte, USB-Speicher o.Ä.) gespeichert, gilt nichts anderes. Der Käufer wird auf Aufforderung des Verkäufers die privaten Bilder und Dokumente einschließlich der E-Mails dem Verkäufer zu reproduzieren, herauszugeben und ggf. zu löschen haben, falls der Verkäufer zur Löschung vor der Übertragung des Nachlasses keine Möglichkeit hatte.