a) (Tatsächliche) Vermögensübergänge
Rz. 16
Als begünstigte Erwerbe kommen grds. alle in §§ 3 und 7 ErbStG der Steuerpflicht unterworfenen Vorgänge in Betracht, bei denen der Erwerber unmittelbar vom Erblasser/Schenker stammendes begünstigtes Vermögen (i.S.v. § 13b Abs. 2 ErbStG) erhält. Sämtliche in der bis 2008 geltenden Vorgängervorschrift § 13a ErbStG a.F. enthaltenen Einschränkungen waren bereits mit der Einführung des ErbStG 2009 entfallen, so dass insb. auch die Fälle des Eingreifens der Fiktionstatbestände der §§ 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 und 7 Abs. 7 ErbStG grds. in den Anwendungsbereich der Verschonungsregeln fallen. Gleiches gilt für die Fälle des § 3 Abs. 2 ErbStG. Auch der Erwerb aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages zugunsten Dritter (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) kommt als begünstigter Erwerb in Betracht. Allerdings setzt die Anwendung von § 13a ErbStG grds. voraus, dass der Gegenstand der Übertragung sowohl beim Erblasser/Schenker als auch beim Erwerber als begünstigtes Vermögen zu qualifizieren ist. Diese Voraussetzung ist bei Verträgen zugunsten Dritter zumeist nicht erfüllt, da hier der Erwerber regelmäßig eine Leistung aus dem Vermögen des Dritten (und nicht des Erblassers/Schenkers) erhält.
Rz. 17
Denn Begünstigungsvoraussetzung ist in jedem Fall, dass das begünstigt übergehende Vermögen im Zeitpunkt der Steuerentstehung als solches vom Erblasser oder Schenker auf den Erwerber übergeht und in der Hand des Erwerbers die Eigenschaft als begünstigtes Vermögen behält. Nicht begünstigt sind vor diesem Hintergrund solche steuerpflichtigen Vorgänge, bei denen der Erwerber – sozusagen wegen der Natur der Sache – kein begünstigtes Vermögen erwerben kann. Zu nennen ist hier neben der mittelbaren Schenkung z.B. der Erwerb aufgrund eines geltend gemachten ordentlichen Pflichtteilsanspruchs (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 letzte Alt. ErbStG), da der Pflichtteilsanspruch bereits von Gesetzes wegen als reiner Geldanspruch ausgestaltet ist (§§ 2303 ff. BGB). Dies gilt aber wohl nicht für Herausgabeansprüche gegenüber dem Beschenkten nach § 2329 BGB bzw. nach § 2987 BGB (Erwerb von Todes wegen i.S.v. § 3 Abs. 2 Nr. 7 ErbStG).
Rz. 18
Begünstigt sind auch Abfindungen nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG. Denn in den in Rede stehenden Abfindungsszenarien tritt die gewährte Abfindung (gegenständlich) an die Stelle des abgefundenen Anspruchs und gilt außerdem als vom Erblasser stammend (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG), so dass hierauf §§ 13a ff. ErbStG unmittelbar anwendbar sind.
Dessen ungeachtet geht die Finanzverwaltung davon aus, dass die Weitergabe begünstigten Vermögens zum Zweck der Leistung einer Abfindung i.S.v. § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG einen begünstigungsschädlichen Verstoß gegen die Behaltensregelungen des § 13a Abs. 6 ErbStG darstelle. Dem ist im Hinblick auf die soeben dargestellte systematische Rechtfertigung der Begünstigung des Abfindungsempfängers nicht zuzustimmen.
Rz. 19
Ausgeschlossen ist eine Anwendung von § 13a ErbStG auch auf diejenigen Erwerber, die das ihnen zukommende (grds. begünstigte) Vermögen durch eine begünstigungsschädliche Verfügung i.S.v. § 13a Abs. 6 ErbStG erlangen. Es sei denn, es liegt eine (wenigstens teilweise) freigebige Zuwendung des Verfügenden vor, die als solche nach § 7 ErbStG steuerpflichtig ist. Diese ist selbstverständlich begünstigungsfähig. Schädlich und auf Empfängerseite nicht begünstigt ist z.B. auch die Weitergabe begünstigten Vermögens durch den Erben an den Pflichtteilsberechtigten als Abfindung für dessen Verzicht auf den bereits geltend gemachten Pflichtteil (Leistung an Erfüllungs statt i.S.v. § 364 BGB). Ebenso ist die Situation zu beurteilen, dass begünstigtes Vermögen zur Abgeltung eines Geldvermächtnisses oder sonstiger – auch letztwillig zugewendeter – Ansprüche hingegeben wird, ohne dass der Erwerb begünstigten Vermögens durch den Empfänger in irgendeiner Weise auf eine Anordnung des Erblassers/Schenkers zurückgeführt werden könnte oder eine Fiktion i.S.v. § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG eingreift.
Rz. 20
Grundsätzlich begünstigungsfähig sind aber Erwerbe, die zivilrechtlich mit einer unmittelbaren dinglichen (Mit-)Berechtigung des Erwerbers am Nachlass, speziell am begünstigten Vermögen, verbunden sind. Dies gilt auch für Erwerbe, die sich nach ausländischem Recht vollziehen. Insofern kann auch der Noterbberechtigte, dem nicht wie dem Pflichtteilsberechtigten nur ein Geldanspruch, sondern eine dingliche Beteiligung am Nachlass zusteht, begünstigt sein.