Rz. 46
Soweit der Erblasser/Schenker eine Person i.S.v. § 2 Abs. 1 S. 1 AStG ist, unterliegt er für die Dauer von zehn Jahren nach dem Ende des Jahres, in dem seine unbeschränkte Einkommensteuerpflicht endete, der erweiterten beschränkten Erbschaftsteuerpflicht. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Entstehung der Erbschaftsteuerschuld; dieser muss in einen – einkommensteuerrechtlichen – Veranlagungszeitraum fallen, in dem der Erblasser/Schenker noch der erweiterten beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 2 AStG) unterliegt.
Rz. 47
§ 4 AStG ist nur subsidiär anzuwenden, also nur insoweit, wie nicht bereits eine unbeschränkte bzw. eine erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 Buchst. b ErbStG besteht. § 4 AStG kommt also nur zum Tragen, wenn seit dem Wegzug mehr als fünf Jahre vergangen sind oder der Erblasser/Schenker die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 Buchst. b ErbStG vorausgesetzte deutsche Staatsangehörigkeit aufgegeben hat.
Rz. 48
Soweit § 4 AStG eingreift, unterliegen der beschränkten Steuerpflicht über das in § 121 BewG genannte Vermögen hinaus sämtliche Gegenstände, deren Erträge bei (unterstellter) unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte i.S.v. § 34c Abs. 1 EStG wären. Gemäß Tz. 4.1.1 des Anwendungserlasses zum AStG umfasst dieses sog. erweiterte Inlandsvermögen:
1. |
Kapitalforderungen gegen Schuldner im Inland; |
2. |
Spareinlagen und Bankguthaben bei Geldinstituten im Inland; |
3. |
Aktien und Anteile an Kapitalgesellschaften, Investmentfonds und offene Immobilienfonds sowie Geschäftsguthaben bei Genossenschaften im Inland; |
4. |
Ansprüche auf Renten und andere wiederkehrende Leistungen gegen Schuldner im Inland sowie Nießbrauchs- und Nutzungsrechte an Vermögensgegenständen im Inland; |
5. |
Erfindungen und Urheberrechte, die im Inland verwertet werden; |
6. |
Versicherungsansprüche gegen Versicherungsunternehmen im Inland; |
7. |
bewegliche Wirtschaftsgüter, die sich im Inland befinden; |
8. |
Vermögen, dessen Erträge nach § 5 AStG der erweiterten beschränkten Steuerpflicht unterliegen (betrifft Vermögen von Zwischengesellschaften); |
9. |
Vermögen, das nach § 15 AStG dem erweitert beschränkt Steuerpflichtigen zuzurechnen ist (betrifft Familienstiftungen und Trusts). |
Rz. 49
Außerdem unterliegen gem. § 5 Abs. 1 AStG auch die Anteile an einer ausländischen Zwischengesellschaft i.S.d. §§ 7 ff. AStG anteilig der erweiterten beschränkten Erbschaftsteuerpflicht. Auf diese Weise wird eine Umgehung der erweiterten beschränkten Steuerpflicht durch die Zwischenschaltung ausländischer Gesellschaften verhindert. Vermögen oder Vermögensteile, deren Erträge dem Steuerpflichtigen nach § 5 AStG zuzurechnen sind, unterliegen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht.
Rz. 50
Nach dem eindeutigen Wortlaut von § 4 Abs. 1 AStG knüpft die erweiterte beschränkte Erbschaftsteuerpflicht an das Vorliegen der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG an. Demzufolge setzt eine Besteuerung von zum erweiterten Inlandsvermögen gehörenden Gegenständen notwendigerweise den Übergang (auch) von Inlandsvermögen i.S.v. § 121 BewG voraus. Wird also kein Inlandsvermögen i.S.v. § 121 BewG übertragen, bleibt auch das erweiterte Inlandsvermögen im Ergebnis steuerfrei.
Rz. 51
Schulden und Lasten sind abzuziehen, soweit ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem der Besteuerung unterliegenden Vermögen besteht (§ 10 Abs. 6 ErbStG). Insoweit gelten die allgemeinen Grundsätze (vgl. Rdn 41). Ein negativer Saldo erweiterten Inlandsvermögens kann ggf. mit positivem (normalem) Inlandsvermögen (§ 121BewG) verrechnet werden und umgekehrt.