Rz. 6
Kapitalforderungen i.S.v. § 12 Abs. 1 BewG sind insb. Darlehensforderungen, durch Hypotheken, Grundschulden usw. gesicherte Geldforderungen, Kaufpreisforderungen, Zinsforderungen, Forderungen aus typischen stillen Beteiligungen, Bankguthaben, Instandhaltungsrücklagen nach dem WEG. In Betracht kommen daneben auch Kapitalforderungen, die in Wertpapieren verbrieft sind, soweit diese nicht nach § 11 Abs. 1 BewG mit dem jeweiligen Stichtagskurs anzusetzen sind (beispielsweise weil eine Börsennotierung gar nicht besteht). Auch beim bereits geltend gemachten Pflichtteilsanspruch handelt es sich um eine Kapitalforderung i.S.v. § 12 Abs. 1 BewG. Vor Geltendmachung gilt dies nur, wenn mit der Geltendmachung ernsthaft zu rechnen ist. Als Kapitalforderungen sind auch Steuererstattungsansprüche (außerhalb des Betriebsvermögens) anzusehen. Das gilt nach § 10 Abs. 1 S. 3 ErbStG für alle Steuererstattungsansprüche des Erblassers, soweit sie im Zeitpunkt seines Todes bereits rechtlich entstanden (§ 37 Abs. 2 AO) sind. Der Zeitpunkt der Steuerfestsetzung ist demgegenüber unbeachtlich. Dieselben Grundsätze gelten auch für gegen den Erblasser gerichtete Steuernachforderungen.
Rz. 7
Gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 BewG sind Kapitalforderungen und Schulden – soweit sie nicht mit einem Börsenkurs i.S.v. § 11 Abs. 1 BewG versehen sind – mit ihrem jeweiligen Nennwert anzusetzen. Nennwert ist der Betrag, der nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses vom Schuldner bei Fälligkeit der Forderung zu entrichten ist. Eine etwaige Vermögenslosigkeit des Schuldners rechtfertigt es grundsätzlich nicht, die ihm gegenüber bestehende Forderung nur mit einem reduzierten Wert anzusetzen. Ebenso spielt es keine Rolle, wie der Forderungsbetrag nach Fälligkeit zu verwenden ist. Kapitalforderungen und Schulden in ausländischer Währung sind grundsätzlich mit dem Briefkurs am Stichtag umzurechnen. Etwaige Aufwertungsverluste zwischen dem Stichtag und der Konvertierung in Euro sind nicht zu berücksichtigen; sie rechtfertigen regelmäßig keinen Bewertungsabschlag.
Rz. 8
Ist zusätzlich zu der Kapitalforderung ein Agio (Aufgeld) vereinbart, ist dieses neben dem Nennbetrag anzusetzen. Hingegen rechtfertigt der Einbehalt eines Disagios (Abgeldes) grundsätzlich keine Minderbewertung. Soweit es sich bei dem Disagio – nach zivilrechtlicher Würdigung – um eine Zinsvereinbarung handelt, ist es aber als schuldmindernd zu berücksichtigen. Es stellt dann ein eigenständiges Wirtschaftsgut dar, das sich entsprechend den getroffenen Vereinbarungen "verbraucht". Der Verbrauch ist im Zweifel nach der Zinsstaffelmethode zu ermitteln. Ist das Disagio aber laufzeitunabhängig, also nicht als vorausgezahlter Zins anzusehen, bleibt es insgesamt unberücksichtigt; dasselbe gilt für laufzeitunabhängige Bearbeitungsgebühren bei Teilzahlungskrediten.
Rz. 9
Ist die zu bewertende Kapitalforderung am Stichtag bereits teilweise getilgt, ist nur der noch offene Restbetrag anzusetzen, und zwar unabhängig von der Art und Weise, wie die Tilgungsleistungen verrechnet werden. Zu unterscheiden ist hierbei zwischen Raten- und Annuitätentilgungen: Bei einer Ratentilgung werden jeweils gleich hohe Raten gezahlt, das Verhältnis von Zins- zu Tilgungsanteil verändert sich über die Laufzeit. Bei einer Annuitätentilgung (also in Jahresraten) werden in der Regel die Tilgungsbeträge am Jahresende, also nachschüssig gezahlt. Die Tilgungen sind zumeist immer gleich hoch. Vor diesem Hintergrund ist bei vereinbarter Ratentilgung nur der am Stichtag nach Abzug der bereits geleisteten Tilgungsraten noch offene Teil der Kapitalforderung anzusetzen. Bei Annuitätendarlehen muss zunächst der Barbetrag der Forderung bzw. Schuld unter Anwendung der sich aus Anlage 9a zum Bewertungsgesetz ergebenden Vervielfältiger berechnet werden. Die noch ausstehenden Annuitäten werden dabei als Rentenzahlung betrachtet und kapitalisiert.