Rz. 38
Hinweis: Einzelne Bewertungsverfahren sind im Anhang zu § 11 Abs. 2 BewG, das vereinfachte Ertragswertverfahren in der Kommentierung der §§ 199 ff. BewG dargestellt. Die Finanzverwaltung hatte u.a. im Schreiben des Bayerischen Finanzministeriums vom 4.1.2013 zu einer Vielzahl von – aus ihrer Sicht – für die Bewertung in Betracht kommenden Verfahren Stellung genommen. Das Schreiben wurde zwar zwischenzeitlich aufgehoben, an der Anwendbarkeit der dort genannten Bewertungsverfahren sollte dies aber nichts geändert haben.
Rz. 39
Gem. § 11 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BewG ist der Wert unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder nach einer anderen anerkannten, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nicht steuerliche Zwecke üblichen Methoden zu ermitteln. In jedem Fall sind im Rahmen der Bewertung sämtliche Faktoren zu berücksichtigen, die – aus der Perspektive des Stichtages – den Wert des Unternehmens bestimmen. Das bedeutet auch, dass zum Bewertungsstichtag feststehende objektive Umstände, die einen maßgeblichen Einfluss auf die relevanten Berechnungsgrößen des jeweiligen Verfahrens haben, bspw. der Tod des Unternehmers, im Rahmen der Bewertung entsprechend zu berücksichtigen sind.
Rz. 40
Auch wenn die Formulierung "unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten" einen breiten Auslegungsspielraum gestatten würde, macht die Gesetzesbegründung deutlich, dass grds. die Ertragswertmethode gemeint ist. Denn nach Auffassung des Gesetzgebers ist – wie bei der Ertragswertmethode vorgesehen – grds. von der Frage auszugehen, welches Kapital ein gedachter Investor einsetzen würde, um aus seinem Investment eine angemessene Rendite zu erzielen. Demzufolge ist der Renditefaktor als ausschlaggebendes Element auch für die Unternehmensbewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer anzusehen. Statt der früher vorgesehenen Einzelbewertung gilt nunmehr der Grundsatz der Gesamtbewertung, also der einheitlichen Ermittlung des Ertragswerts der wirtschaftlichen Einheit "Unternehmen" bzw. Kapitalgesellschaft. Sowohl nach dem Modell des Gesetzes als auch nach den durch die Betriebswirtschaftslehre herausgebildeten Grundsätzen für die Ertragsbewertung von Unternehmen ist Ausgangspunkt der Bewertung die zukünftig zu erwartende Ertragskraft des Bewertungsobjekts. Denn das Gesetz spricht eindeutig von "Ertragsaussichten". Der Unternehmenswert entspricht der Summe aus dem Ertragswert des Unternehmens (betriebsnotwendiges Vermögen) und dem Wert etwa vorhandenen nicht betriebsnotwendigen Vermögens. Der Ertragswert wird dabei in der Weise ermittelt, dass die zukünftigen Erträge kapitalisiert werden. Der dabei anzuwendende Zinssatz resultiert aus verschiedenen Elementen, insb. einem Basiszinssatz für risikolose Vergleichsanlagen und einem Risikozuschlag sowie einem Inflations- bzw. Wachstumsabschlag. Einem ähnlichen Ansatz folgt auch die Discounted Cash Flow Method (DCF-Verfahren), die allerdings systematisch nicht bei den zukünftigen Erträgen, sondern bei einer Betrachtung der Zahlungsströme ansetzt. Nichtsdestotrotz ist auch eine Bewertung nach dem DCF-Verfahren auf die Ermittlung eines an zukünftigen Erträgen orientierten Werts gerichtet.
Aus Sicht der Finanzverwaltung sind sowohl ertragswertorientierte Verfahren als auch andere anerkannte, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke übliche Methoden grundsätzlich anwendbar. Der Nachweis des gemeinen Werts ist i.d.R. durch Vorlage eines methodisch nicht zu beanstandenden Gutachtens, das auf den üblicherweise einer Bewertung nach dem angewendeten Verfahren zugrunde zu legenden Daten des Unternehmens aufbaut, zu führen.
Insoweit ist anzumerken, dass die Kapitalgesellschaft selbst nach § 153 Abs. 3 BewG zur Abgabe der entsprechenden Feststellungserklärung verpflichtet ist, so dass die in diesem Zusammenhang anfallenden – mitunter erheblichen – Kosten der Erfüllung einer eigenen steuerlichen Pflicht dienen und demzufolge keine verdeckten Gewinnausschüttungen an die Anteilseigner auslösen können.
Rz. 41
Gem. § 11 Abs. 2 S. 4 BewG sind die §§ 199–203 BewG zu berücksichtigen. Demzufolge kann auch das vereinfachte Ertragswertverfahren – zur Wertermittlung unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten – angewendet werden. Voraussetzung hierfür ist, dass das vereinfachte Ertragswertverfahren "nicht zu offensichtlichen unzutreffenden Ergebnissen führt". Diese Einschränkung zählt nach Auffassung der Finanzverwaltung zu den gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen für die Anwendbarkeit des Verfahrens. Wegen weiterer Einzelheiten vgl. § 199 BewG Rdn 2 ff.