Rz. 14
Die im Regulierten Markt bzw. im Freiverkehr gehandelten Wertpapiere sind mit dem niedrigsten für sie am Stichtag notierten Kurs anzusetzen. Der Kurs ist der jeweils festgestellte Preis. Im sog. Präsenzhandel stellen Skontoführer die Preise der Wertpapiere inzwischen meist variabel, also fortlaufend fest (variabler Handel oder variabler Kurs). Dasselbe gilt selbstverständlich im heute weit verbreiteten computergestützten Handel. Für Wertpapiere, die nicht im variablen Handel sind, wird mittäglich ein für den jeweiligen Tag geltender Einheitspreis, der sog. Kassakurs, festgestellt. Der Kassakurs spielt vor dem Hintergrund des mittlerweile eingetretenen technischen Fortschritts nur noch eine eher untergeordnete Rolle; er kann – anders als die variablen Notierungen – zumeist bestenfalls eine Tagestendenz für den jeweiligen Wert angeben. Der sog. Einheitskurs bezeichnet den Kurs, zu dem alle Umsätze des Tages für das betreffende Wertpapier tatsächlich abgerechnet werden.
Rz. 15
Die Finanzverwaltung hat in der Vergangenheit wiederholt die Auffassung vertreten, variable Kursnotierungen seien im Rahmen der Bewertung nach § 11 Abs. 1 BewG nicht maßgeblich, es sei auf den Einheitskurs abzustellen. Diese Auffassung ist jedoch mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht vereinbar. Dies gilt umso mehr, als die Kursschwankungen im Laufe eines Tages durchaus erheblichen Umfang haben können und die gesetzliche Vorgabe, jeweils den niedrigsten Stichtagskurs anzusetzen, bei einem Abstellen allein auf die Kassa- oder Einheitskurse sinnlos wäre. Eine Beschränkung der Kursvergleichsmöglichkeiten allein auf unterschiedliche Börsenplätze erscheint willkürlich und angesichts der mittlerweile den Börsenhandel prägenden Dynamik der Märkte und der damit verbundenen Volatilität der Kurse auch nicht sachgerecht.
Rz. 16
Ist ein Wertpapier, z.B. eine Aktie, an einer deutschen Börse zum Regulierten Markt zugelassen und wird sie gleichzeitig an einer anderen deutschen Börse im Freiverkehr gehandelt, stellt sich die Frage, welcher der beiden niedrigsten Stichtagskurse, der im Regulierten Markt oder der im Freiverkehr, maßgeblich ist. Im Hinblick auf den Wortlaut des Gesetzes ist davon auszugehen, dass ein Vorrang der im Regulierten Markt zustande gekommenen Kurse gegenüber den im Freiverkehr zustande gekommenen gilt. Denn gem. § 11 Abs. 1 S. 1 BewG ist für die zum Handel im Regulierten Markt zugelassenen Wertpapiere und Schuldbuchforderungen der niedrigste in eben diesem Regulierten Markt notierte Kurs anzusetzen. Wird dasselbe Wertpapier auch außerhalb des Regulierten Marktes gehandelt und kommen hierbei Freiverkehrskurse i.S.v. § 11 Abs. 1 S. 3 BewG zustande, sind diese – selbst wenn sie niedriger sind – unbeachtlich. Bei ausländischen Wertpapieren ist, wenn ein Telefonkurs im inländischen Bankverkehr vorliegt, dieser maßgebend, andernfalls ist auf Kurse im Emissionsland abzustellen.