a) Beim Betriebsvermögen zu berücksichtigende Schulden
Rz. 4
Die Einbeziehung von Schulden und sonstigen Abzügen im Rahmen der Gesamtbewertung des Betriebsvermögens setzt nach § 103 Abs. 1 BewG voraus, dass es sich um Schulden handelt, die im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG oder § 5 EStG zum ertragsteuerlichen Betriebsvermögen zählen (Grundsatz der Bestandsidentität). Weitere Voraussetzung ist, dass die Schuld mit der Gesamtheit oder einzelnen Teilen des Betriebsvermögens in wirtschaftlichem Zusammenhang steht. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang ist immer dann gegeben, wenn die Entstehung der Schuld ursächlich und unmittelbar auf Vorgängen beruht, die das Betriebsvermögen betreffen.
Rz. 5
Da das BewG keinen eigenständigen Schuldenbegriff kennt, sind für die Abgrenzung die ertragsteuerlichen Grundsätze maßgeblich. Schulden in diesem Sinne sind alle Verbindlichkeiten, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören, die also Einfluss auf den steuerlichen Gewinn haben. Bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG (Einnahmenüberschussrechnung) sind dies diejenigen Schulden, bei denen der Tilgungsbetrag bzw. auch die Zinsen eine Betriebsausgabe darstellen und damit den steuerlichen Gewinn mindern.
Bei Gewerbetreibenden und Freiberuflern, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (Bilanzierung, § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG) ermitteln, besteht regelmäßig eine Identität des bewertungsrechtlichen Betriebsvermögens mit den in der Steuerbilanz enthaltenen Wirtschaftsgütern und Schulden (sog. Bestandsidentität).
Die Schulden müssen am Bewertungsstichtag bestehen, also bereits entstanden und noch nicht erloschen sein. Weiterhin müssen sie wirtschaftliche Belastungen darstellen. Die bloß formell rechtsgültige Übernahme einer Schuld, die am Stichtag aber keine ernsthafte Belastung darstellt, rechtfertigt einen Abzug nach § 103 BewG nicht. Derartige Konstellationen sind insbesondere bei Darlehensverhältnissen und sonstigen Verbindlichkeiten zwischen nahen Angehörigen zu prüfen, insbesondere auch dann, wenn der Betriebsinhaber die Schuld im Wege der Schenkung (also freiwillig und ohne für den Betrieb eine Gegenleistung zu erhalten) begründet hat.
Rz. 6
Grundsätzlich ist weiterhin festzuhalten, dass nur solche Schulden angesetzt werden können, die mit einem Aktivposten wirtschaftlich zusammenhängen, der als Wirtschaftsgut zu erfassen ist. Diese Grundsätze gelten sowohl für Schulden im Zusammenhang mit dem Gewerbebetrieb insgesamt als auch mit einzelnen ihnen zuzurechnenden beweglichen Wirtschaftsgütern sowie mit Betriebsgrundstücken.
Bei Darlehensschulden, die im Zusammenhang mit der Errichtung eines Gewerbebetriebs oder dessen Erwerb aufgenommen wurden und zu deren Sicherung auf einem Privatgrundstück ein Grundpfandrecht bestellt ist, stehen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Betriebsvermögen und sind daher als Betriebsschuld zu behandeln. Allerdings wird durch die Verpfändung eines Wirtschaftsguts allein kein wirtschaftlicher Zusammenhang begründet. Der verpfändete Gegenstand ist grundsätzlich losgelöst von der gesicherten Schuld zu betrachten. Das gilt auch für die Belastung eines Grundstücks mit einem Grundpfandrecht.
Rz. 7
Schulden i.S.v. § 103 Abs. 1 BewG sind nicht nur Geldschulden. Vielmehr zählen hierzu auch Sachleistungsverpflichtungen und Verpflichtungen aus wiederkehrenden Leistungen sowie sonstige Abzüge, Rückstellungen und Rechnungsabgrenzungsposten. Zu berücksichtigen sind auch auflösend bedingte und aufschiebend bedingte Verbindlichkeiten, soweit sie zum Bewertungsstichtag bereits entstanden bzw. noch nicht erloschen sind.
Rz. 8
Die Fälligkeit ist nicht Voraussetzung für die Berücksichtigung. Entscheidend ist aber, dass die Schuld bereits eine wirtschaftliche Belastung darstellt. Es genügt demnach nicht, dass lediglich eine rechtliche Verpflichtung zur Erfüllung der Verbindlichkeit besteht. Es muss vielmehr ernsthaft damit gerechnet werden, dass der Gläubiger die Erfüllung auch tatsächlich verlangt. Ist diese Voraussetzung zum Bewertungsstichtag nicht erfüllt, kann die Schuld – unabhängig von ihrem rechtlichen Bestand – nicht angesetzt werden, da sie keine ernstzunehmende Belastung (mehr) darstellt. Dies ist insbesondere bei Darlehensverbindlichkeiten und anderen Schulden innerhalb des Kreises naher Verwandter zu prüfen.
Rz. 9
Soweit nach den vorgenannten Kriterien eine wirtschaftliche Belastung zum Bewertungsstichtag gegeben ist, sind auch ungewisse Verbindlichkeiten zu berücksichtigen.
Rz. 10
Handelt es sich bei der Schuld um eine Sachleistungsverpflichtung, ist diese bereits ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses anzusetzen. Für die Bewertung ist der Wert des zu leistenden Gegenstandes maßgeblich. Ist ein Geschäft auf die Übertragung von Grundbesitz gerichtet, kann zur Bemessung des Werts des Sachleistungsanspruchs nicht der jeweilige Grundbesitzwert (§§ 176 ff. BewG) angesetzt werden. Soweit die Sachleistungsverpflichtung im Rahmen ...