Rz. 15
Grundsätzlich sind Schulden im Rahmen der Gesamtbewertung von Betrieben nicht gesondert zu berücksichtigen, sie sind vielmehr mit der Ermittlung des gemeinen Werts über § 109 i.V.m. § 11 Abs. 2 S. 2 BewG innerhalb des Betriebsvermögens mit abgegolten und daher nicht gesondert in Abzug zu bringen. Dies gilt allerdings nicht, wenn – trotz allem – eine Einzelbewertung der Wirtschaftsgüter stattfindet, etwa in den Fällen der Mindestbewertung (Substanzwertermittlung), bei der Bewertung des Sonderbetriebsvermögens oder hinsichtlich des jungen Betriebsvermögens i.S.v. § 200 Abs. 4 bzw. des nicht betriebsnotwendigen Vermögens i.S.v. § 200 Abs. 2 BewG.
In diesen Fällen führt die gesetzlich vorgesehene Doppelanknüpfung (Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen im ertragsteuerrechtlichen Sinne und wirtschaftlicher Zusammenhang mit aktivem Betriebsvermögen) dazu, dass solche Schulden, bei denen eines der beiden Kriterien nicht erfüllt ist, nicht vom Ergebnis der Gesamtbewertung umfasst sind. Problematisch ist dies insbesondere in den Fällen, in denen das Aktivum, mit dem die Schulden wirtschaftlich zusammenhängen, zwar Bestandteil der wirtschaftlichen Einheit Betriebsvermögen ist, jedoch innerhalb derselben gesondert/zusätzlich angesetzt und bewertet wird. Dies gilt beispielsweise für notwendiges Privatvermögen im Gesamthandsvermögen einer gewerblichen bzw. gewerblich geprägten Personengesellschaft. Denn aktive Wirtschaftsgüter des notwendigen Privatvermögens sind zusätzlich zum Wert des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens gem. §§ 109 Abs. 2 S. 2, 11 Abs. 2 S. 4 und ggf. § 200 Abs. 2 BewG als nicht betriebsnotwendiges Vermögen einzeln zu bewerten und dem Wert des übrigen Gesamthandsvermögens hinzuzusetzen. Mit Gegenständen des notwendigen Privatvermögens wirtschaftlich zusammenhängende Schulden gehören aber gem. § 103 Abs. 1 i.V.m. § 95 Abs. 1 BewG von vornherein gar nicht zur wirtschaftlichen Einheit; sie bilden notwendiges Privatvermögen. Die Verbindlichkeit ist daher als – private – Nachlassverbindlichkeit i.S.v. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG zu erfassen. Hierbei ist ggf. auch die Schuldenkürzung nach § 10 Abs. 6 S. 4 ErbStG zu berücksichtigen.
Rz. 16
Dies führt – insbesondere bei Eingreifen von § 10 Abs. 6 S. 4 ErbStG – zu einer nicht zu rechtfertigenden ungleichmäßigen Behandlung der aktiven Wirtschaftsgüter und der mit diesen wirtschaftlich zusammenhängenden Schulden. Ursache hierfür ist allein die gesetzlich vorgesehene Doppelanknüpfung, deren wirtschaftlicher Sinn nicht recht nachvollziehbar ist.