Rz. 15
Der Begriff des Auslandsvermögens i.S.v. § 21 Abs. 1 ErbStG ist in Abs. 2 für verschiedene Ausgangssituationen unterschiedlich definiert. Da Abs. 1 die Anrechnungsmöglichkeit vom Vorhandensein von Auslandsvermögen und vom Umfang der dieses Vermögen betreffenden Besteuerung abhängig macht, kommt diesen Definitionen erhebliche praktische Bedeutung zu.
a) Erblasser war zur Zeit seines Todes Inländer, Abs. 2 Nr. 1
Rz. 16
Knüpft die unbeschränkte Steuerpflicht an die Inländereigenschaft des Erblassers bzw. Schenkers an, gilt der sog. engere Auslandsvermögensbegriff des § 21 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG i.V.m. § 121 BewG. Eine etwaige Inländereigenschaft des Erwerbers spielt in diesem Fall keine Rolle. Die Anknüpfung an den engen Auslandsvermögensbegriff führt dazu, dass wenigstens Teile des übergehenden Vermögens einer ungemilderten Doppelbesteuerung ausgesetzt sind; diese wird seitens der Rechtsprechung selbst im Verhältnis zu EU-/EWR-Staaten als zulässig erachtet.
Rz. 17
Das engere Auslandsvermögen umfasst nur die im Ausland belegenen Vermögensgegenstände, die bei einer Belegenheit im Inland Inlandsvermögen i.S.v. § 121 BewG wären, sowie die an solchem Vermögen bestehenden Nutzungsrechte. Engeres Auslandsvermögen bilden daher insb. im Ausland belegene Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte, im Ausland belegenes land- und forstwirtschaftliches Vermögen sowie Betriebsvermögen. Nicht vom engeren Auslandsvermögen umfasst sind aber beispielsweise Geldforderungen gegen ausländische Kreditinstitute oder auch Anteile an ausländischen Kapitalgesellschaften bei einer Beteiligungsquote von weniger als 10 %. Insoweit können sich jedoch Probleme ergeben, wenn nach ausländischem Recht eine Transparenz der betroffenen Kapitalgesellschaft fingiert wird und die von ihr gehaltenen Vermögensgegenstände unmittelbar dem jeweiligen Gesellschafter zugerechnet werden. Dies gilt beispielsweise für ausländische Kapitalgesellschaften, die französischen Grundbesitz halten. Hier stellt sich die Frage, ob nicht – entgegen der nach deutschem Recht eigentlich geltenden Definition – die Rechtslage nach der nach ausländischem Recht maßgeblichen Definition zugrunde gelegt werden sollte, weil hieran die ausländische Besteuerung und somit auch die ggf. anzurechnende ausländische Erbschaftsteuer anknüpft. In diesem Zusammenhang wird auch – de lege ferenda – gefordert, bei der Anknüpfung des Auslandsvermögensbegriffs an die geografische Belegenheit anzuknüpfen. Mit einer Realisierung dieses Petitums ist jedoch – wenigstens mittelfristig – wohl nicht zu rechnen.
b) Fehlende Inländereigenschaft des Erblassers, Abs. 2 Nr. 2
Rz. 18
Knüpft die unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht an die Inländereigenschaft (nur) des Erwerbers an, gilt gem. § 21 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG der weite Auslandsvermögensbegriff. Zum Auslandsvermögen i.S.v. § 21 Abs. 1 S. 1 ErbStG gehört dann sämtliches Vermögen mit Ausnahme des Inlandsvermögens i.S.v. § 121 BewG sowie an diesem Inlandsvermögen bestehender Nutzungsrechte. Das Auslandsvermögen umfasst dann nicht nur sämtliche im Ausland belegene Vermögenswerte, sondern auch sämtliches im Inland belegenes Vermögen, das nicht unter § 121 BewG fällt. Hierzu gehören beispielsweise bei einer inländischen Bank geführte Guthaben sowie Anteile an inländischen Kapitalgesellschaften bei Beteiligungen von unter 10 %.
Rz. 19
Bei einer Anknüpfung der unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht an die Inländereigenschaft (nur) des Erwerbers ist also der Anwendungsbereich von § 21 ErbStG deutlich weiter gefasst als im Falle der unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht aufgrund der Inländereigenschaft des Erblassers/Schenkers. Dies hat seine Rechtfertigung darin, dass Nachlässe bzw. Schenkungen von im Ausland ansässigen und dort zumeist unbeschränkt erbschaftsteuerpflichtigen Erblassern/Schenkern in einem deutlich höheren Maß einer ausländischen Besteuerung unterliegen, so dass hier eine weitergehende Anrechnungsmöglichkeit erforderlich scheint.