Rz. 124
Die Verfügungsbeschränkung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG hat zwei Facetten; zum einen die Verpflichtung, "über die Anteile nur einheitlich zu verfügen", und zum anderen die Verpflichtung, die Anteile "ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen".
Rz. 125
Der Begriff der "Verfügung" ist in diesem Zusammenhang etwas anders zu verstehen als in der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre; nämlich als Übertragung von Gesellschaftsanteilen (bzw. des Eigentums an Anteilen). Da es auf die Frage der Entgeltlichkeit in diesem Zusammenhang nicht ankommt, sind auch schenkweise Übertragungen als Verfügungen anzusehen. Diese Sichtweise steht auch im Einklang mit der Gesetzesbegründung, der zu Folge eine beliebige Veräußerung der Anteile ausgeschlossen sein soll. Vor diesem Hintergrund sollte auch davon auszugehen sein, dass die Belastung von Anteilen mit dinglichen Rechten, z.B. einem Nießbrauch, ebenso wie eine Verpfändung an und für sich nicht als Verfügungen anzusehen sind und daher von der Poolvereinbarung nicht erfasst sein müssen. Dies sollte jedenfalls dann gelten, wenn das Stimmrecht nach wie vor beim Anteilseigner liegt oder der Nießbraucher verpflichtet ist, ein etwa ihm zustehendes Stimmrecht entsprechend den Regelungen der Poolvereinbarung auszuüben. Im Falle der Verpfändung ist jedoch zu beachten, dass spätestens die Pfandverwertung zu einer nicht einheitlichen Verfügung führen würde und daher schädlich wäre. Vor diesem Hintergrund erscheinen Verpfändungen an nicht zum Kreis der durch die Poolvereinbarung gebundenen Gesellschafter gehörende Dritte insgesamt als problematisch.
Rz. 126
Nicht unter den Verfügungsbegriff sollten aber Übergänge von Todes wegen anzusehen sein. Dies insbesondere deshalb, weil im Hinblick auf § 2302 BGB Poolvereinbarungen, durch die sich die Beteiligten verpflichten, bezüglich ihres Erbfalls bestimmte Regelungen zu treffen, nichtig wären und daher eine Erfüllung des Petitums, auch Beschränkungen für den Übergang von Todes wegen zu vereinbaren, gar nicht erfüllbar wäre. Im Übrigen stellt der Erwerb des Erben nach § 1922 Abs. 1 BGB rein begrifflich keine "Übertragung" dar, es handelt sich vielmehr um einen Erwerb von Gesetzes wegen (Vonselbsterwerb durch Gesamtrechtsnachfolge).
Rz. 127
Auch wenn der Begriff der Einheitlichkeit der Verfügung in der Gesetzesbegründung nicht näher definiert wird, ist dieses Tatbestandsmerkmal nicht unbedingt wortwörtlich zu verstehen. Entscheidend ist vielmehr, dass Verfügungen nur nach denselben Kriterien, denselben Standards und Grundsätzen zulässig sein dürfen. Es ist aber nicht erforderlich, dass über sämtliche der Poolvereinbarung unterliegende Anteile gleichzeitig oder etwa nur zugunsten desselben Erwerbers verfügt wird bzw. verfügt werden darf. Somit ist es ausreichend, wenn der Poolvertrag den Kreis in Betracht kommender Erwerber entweder konkret angibt oder in einer Weise eingrenzt, die im jeweiligen Einzelfall die Feststellung der Zulässigkeit der Verfügung ermöglicht und auf diese Weise verhindert, dass ohne Zustimmung der übrigen oder wenigstens der Mehrheit der Poolmitglieder Anteile an fremde Dritte, die nicht dem vorerwähnten Kreis der Nachfolgeberechtigten entsprechen, übertragen werden können.
Rz. 128
Ausdrücklich nicht Gegenstand der Poolvereinbarung müssen die Konditionen sein, zu denen Verfügungen zulässig sind. Vor diesem Hintergrund kommen – im Rahmen der Poolvereinbarung – sowohl entgeltliche als auch unentgeltliche Übertragungen in Betracht. Auch gegen nur einen Teil der jeweils gebundenen Anteile betreffende Verfügungen bestehen grds. keine Bedenken.
Rz. 129
Alternativ kann die Poolvereinbarung auch eine Verpflichtung vorsehen, der zu Folge die gebundenen Anteilsinhaber verpflichtet sind, ihre jeweiligen Anteile ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen. Dies bedeutet vor dem Hintergrund der Zielsetzung der Regelung aber nicht, dass nur Übertragungen zwischen den ursprünglichen Pool-Beteiligten zulässig sein sollen. Denn die Zielsetzung von § 13b ErbStG besteht gerade darin, steuerliche Verschonungen für die Unternehmensnachfolge zu gewährleisten, also den Übergang des begünstigten Vermögens auf nicht bereits beteiligte Erwerber, insb. die nachfolgenden Generationen, zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund muss die Poolvereinbarung lediglich gewährleisten, dass spätestens zeitgleich mit der Verfügung über den Anteil, also mit der Übertragung auf den Erwerber, dieser der Poolvereinbarung beitritt.
Rz. 130
Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes müssen die vorgenannten Tatbestandsmerkmale der einheitlichen Verfügung und der Übertragung ausschließlich auf derselben Verpflichtung (Poolvereinbarung) unterliegende Anteilseigner nicht kumulativ vorliegen ("oder"). Es genügt also, wenn die Poolvereinbarung nur eine der beiden Restriktionen vorsieht.