Rz. 72
Soweit die vorstehend dargestellten persönlichen und sachlichen Voraussetzungen erfüllt sind, gewährt § 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG einen Verschonungsabschlag auf das übergehende begünstigte Vermögen, namentlich die nicht von den Begünstigungen ausgenommenen Teile des Betriebsvermögens, land- und forstwirtschaftliche Vermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften i.S.v. § 13b Abs. 2 ErbStG. Die Qualifikation des begünstigten Vermögens (und auch die Abgrenzung gegenüber dem begünstigungsfähigen Vermögen) ist nicht in § 13a ErbStG selbst geregelt; maßgeblich hierfür ist vielmehr § 13b ErbStG.
Rz. 73
Der Umfang des Verschonungsabschlages für den Fall der Regelverschonung (85 %) ergibt sich unmittelbar aus § 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG. Im Falle der Options- bzw. Vollverschonung wird gem. § 13a Abs. 10 Nr. 1 ErbStG der in § 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG angegebene Prozentsatz von 85 % durch einen Prozentsatz von 100 % ersetzt. Das begünstigte Vermögen bleibt in diesem Fall bei der Erbschaftsteuerberechnung vollständig außer Ansatz.
Rz. 74
Der Verschonungsabschlag ist – soweit nicht die mit dem ErbStG 2009 eingeführte Wertgrenze von 26 Mio. EUR überschritten ist – von Amts wegen zu berücksichtigen. Weder muss er besonders beantragt werden noch kann auf seine Anwendung verzichtet werden. Auch ein Begünstigungsausschluss durch in der Vergangenheit bereits erfolgte Gewährung der Verschonung besteht nicht. Vielmehr sind – bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen – sämtliche Erwerbe begünstigten Vermögens zwingend privilegiert. Eine Wahlmöglichkeit besteht nur hinsichtlich der Anwendung der Vollverschonung nach § 13a Abs. 10 ErbStG.
Rz. 75
Der Verschonungsabschlag wirkt sich in der Weise aus, dass der Wert eines begünstigten Vermögenserwerbs bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Steuer durch einen Gegenposten (den Verschonungsabschlag) teilweise (oder sogar vollständig) neutralisiert wird und so im Ergebnis – wenigstens teilweise – "außer Ansatz" bleibt. Im Falle der Regelverschonung bewirkt dies, dass nur ein Anteil von 15 % des begünstigten Vermögens der Besteuerung unterliegt.
Rz. 76
Gehen auf ein und denselben Erwerber in einem einheitlichen Vorgang (z.B. durch Erbfall) mehrere selbstständig zu bewertende wirtschaftliche Einheiten einer oder mehrerer Arten begünstigten Vermögens (land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Betriebsvermögen, Mitunternehmeranteile, Anteile an Kapitalgesellschaften) über, sind deren Werte vor der Anwendung der Verschonungsregelungen zusammenzurechnen. Der Verschonungsabschlag ist also von der Summe der Werte aller begünstigten wirtschaftlichen Einheiten vorzunehmen. Gleiches gilt auch für den Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG. Sowohl Verschonungsabschlag als auch Abzugsbetrag können sich vor diesem Hintergrund nur bei einem insgesamt positiven Steuerwert des in die angesprochene Gesamtbetrachtung einzubeziehenden begünstigten Vermögens auswirken.
Rz. 77
Ungeachtet dieser Gesamtbetrachtung im Rahmen der Verschonungsgewährung sind jedoch die Voraussetzungen, ob überhaupt begünstigtes Vermögen i.S.d. §§ 13a, 13b ErbStG vorliegt, jeweils bezogen auf die einzelne wirtschaftliche Einheit zu prüfen. Dies gilt auch für die Einhaltung der nachlaufenden Verpflichtungen, die sich auf den dauerhaften Bestand der gewährten Begünstigungen auswirken können (Mindestlohnsumme, § 13a Abs. 3 ErbStG, Behaltensregelung bzw. Überentnahme-Regelung nach § 13a Abs. 6 ErbStG).
Für die Aussonderung des Verwaltungsvermögens in (mehrstufigen) Beteiligungsstrukturen muss allerdings (seit dem ErbStG 2016) die Einzelbetrachtung einer zusammenfassenden Analyse im Rahmen der sog. Verbundvermögensaufstellung weichen (§ 13b Abs. 9 ErbStG; vgl. hierzu § 13b ErbStG Rdn 333 ff.).
Rz. 78
Der Verschonungsabschlag gem. § 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG wird ohne Einschränkungen unmittelbar im Rahmen der (ersten) Steuerfestsetzung berücksichtigt. Er kann aber nachträglich entfallen, wenn gegen bestimmte Anforderungen, die in § 13a ErbStG im Detail definiert sind, verstoßen wird. Zu nennen ist hier zunächst das Lohnsummenkriterium i.S.v. § 13a Abs. 3 ErbStG sowie die Fortführungsbedingungen nach § 13a Abs. 6 ErbStG. Bei Verstößen kommt es zu einer Nachversteuerung, in deren Rahmen die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer vollständig neu berechnet und festgesetzt wird. Hierbei wird der Verschonungsabschlag (bzw. Abzugsbetrag) nur insoweit berücksichtigt, wie die Voraussetzungen für seine Gewährung nicht entfallen sind. Der Verschonungsabschlag wird also sozusagen nur auflösend bedingt gewährt. Auflösende Bedingung ist einerseits die Unterschreitung der Mindestlohnsumme, andererseits der Verstoß gegen Fortführungsbedingungen nach § 13a Abs. 6 ErbStG (wegen weiterer Details vgl. Rdn 182 ff.)
Rz. 79
Soweit in wirtschaftlichem Zusammenhang mit begünstigtem Vermögen, für das der Verschonungsabschlag nach § 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG bzw. der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG gewähr...